Individualisation Individueller Ansatz in der Homöopathie
Individualisation ist der Prozess der Differenzierung eines Objektes oder einer Person von einer Klasse oder Gruppe ähnlicher Objekte oder Personen.
Es ist ein Chatakteristikum der Homöopathie, dass alle ihre praktischen Prozesse durch den Prozess der Individualisation bestimmt sind. Bei ihren Arzneimittelprüfungen und ihrer Materia medica, die aus solchen Prüfungen zusammengestellt wird; in ihrer Untersuchung des Patienten und dem Studium des Falles, ihrer Auswahl des Mittels und in ihrer Durchführung; welche zusätzliche Behandlung auch immer erforderlich ist, die Homöopathie sucht immer zu individualisieren.
Individualisierung der Mittel
Die Homöopathie erkennt die Individualität jeden Mittels und jeder Substanz in der Natur. Ihre Methode des testens oder 'prüfens' von Mitteln am gesunden Menschen ist so entworfen und wird aus dem Grund durchgeführt, damit die Individualität jeden Mittels herausgefunden werden kann, damit seine volle Kraft und seine Beziehungen ermittelt werden können. Während einer homöopathischen Arzneimittelprüfung wird die Auswirkung eines Mittels auf alle Körperteile bei einer grossen Anzahl von Leuten genauestens studiert. Dies vermittelt uns die ganze Wirkbreite dieses Mittels.
Die groben Empfindungen und Symptome wie Kopfschmerzen, Koliken, Durchfall usw. sind für den Homöopathen nur von geringem Nutzen und bei den homöopathischen Arzneimittelprüfungen werden dem Mittel viel feinere Symptome entlockt. Zum Beispiel, wenn ein Mittel während einer homöopathischen Arzneimittelprüfung Kopfschmerzen erzeugt, dann wird das Symptom mit der Örtlichkeit des Schmerzes, der Art des Schmerzes (pochend, schmerzhaft, berstend, brennend, usw.), verschlimmernden und verbessernden Faktoren, den begleitenden Symptomen usw. festgehalten. Die vollständige Information der Arzneimittelprüfung erlaubt es uns, die unterschiedlichen Mittel, die Kopfschmerzen verursachen, voneinander zu unterscheiden, oder um es mit anderen Worten zu sagen, die Information erlaubt es uns, unterschiedliche Mittel die Kopfschmerzen heilen, voneinander zu unterscheiden.
In Paragraph 118 des Organon der Heilkunst schreibt Dr. Hahnemann:
"Jede Arznei zeigt besondere Wirkungen im menschlichen Körper, welche sich von keinem anderen Arzneistoffe verschiedner Art genau so ereignen."
In der Fussnote zum Paragraphen 119, schreibt Dr. Hahnemann:
"Wer die so sonderbar verschiednen Wirkungen jeder einzelnen Substanz von den Wirkungen jeder andern auf das menschliche Befinden, genau kennt und zu würdigen versteht, der sieht auch leicht ein, dass es unter ihnen, in arzneilicher Hinsicht, durchaus keine gleichbedeutenden Mittel, keine Surrogate geben kann."
Das heisst, es gibt keine Substitute bei der Auswahl eines Mittels. Entweder ist ein Mittel in einem Fall indiziert oder es ist es nicht. Der symptomatische Vergleich ähnlicher Mittel wird durchgeführt um ihe Individualität zu finden.
Individualisierung eines Falles / Patienten
Niemand würde darüber streiten, dass alle gesunden Menschen anatomisch und physiologisch ähnlich sind. Und niemand würde darüber streiten, dass trotz dieser Ähnlichkeit unserer Struktur und Funktionen, wir alle unsere Individualität besitzen. Wir alle haben unsere Art zu denken, unsere Reflexe, Emotionen, Gesichtsausdruck, Körperbau, Sehnsüchte, Aversionen, Vorlieben, Abneigungen, Hobbies, Temperaturempfinden; Muster zu schwitzen, des Speichelflusses, Schlafes, Träume; Empfindlichkeit gegenüber unterschiedlichen äusseren Einflüssen und Erkrankungen usw. Diese und viele weitere Eigenschaften helfen unsere Individualität aufzuzeigen.
Da wir alle eine Individualität in der Gesundheit besitzen, haben wir auch eine Individualität in der Erkrankung. Die Zeichen und Symptome einer Krankheit sind nichts anderes als die Reaktion einer Person auf die die Erkrankung erzeugenden pathogenen Agenzien oder Stimuli. Jede Person reagiert auf jedes äusseres Agens gemäss seiner/ihrer Individualität und deshalb ist die Individualität einer Person ebenso in seiner/ihrer Krankheit reflektiert.
In jedem Fall einer Krankheit zeigt ein Patient zwei Arten von Symptomen - gewöhnliche und ungewöhnliche. Gewöhnliche Symptome sind solche, die in den meisten Fällen einer bestimmten Krankheit auftauchen. Zum Beispiel ist Fieber mit frösteln ein gewöhnliches Symptom bei Malaria, brennender Ösophagusschmerz und saures Aufstossen sind gewöhnliche Symptome bei erhöhter Magensäuresekretion. Gewöhnliche Symptome helfen uns bei der Krankheitsdiagnose und beim Abschätzen der Prognose und des Erstellens eines Behandlungsplanes eines Falles. Ungewöhnliche Symptome sind jene Symptome, die bei sehr wenigen Patienten vorgefunden werden, die an einer bestimmten Krankheit / unter bestimmten Umständen leiden. Sie reflektieren die individuelle Reaktion einer Person auf einen pathogenen Auslöser. Solche Symptome helfen uns bei der Individualisation eines Patienten und bei der Auswahl des ähnlichen Mittels für ihn. Zum Beispiel kann eine an Fieber leidende Person unruhig oder träge sein, mag an einer bestimmten Stelle wie dem Kopf oder den Fussohlen schwitzen, könnte Durst auf kalte oder warme Getränke haben, kann sich am Abend oder in den Morgenstunden besser fühlen usw. Solche Eigenschaften reflektieren die Individualität eines Patienten und sind für den Homöopathen von grossem Nutzen bei der Arzneimittelfindung.
Die Homöopathie erkennt die Individualität eines jeden Patienten. Die gesamte Untersuchung eines Patienten wird nicht nur mit Blick auf die gewöhnlichen Symptome eines Falles/einer Erkrankung durchgeführt, durch die eine diagnostische und pathologische Klassifizierung erfolgt, sondern auf die speziellen und sonderbaren Symptome, die den Fall von anderen der gleichen Klasse unterscheiden, um so die Individualität des Patienten herauszufinden.
Dies zeigt die Tatsache auf, dass keine zwei Fälle oder Patienten, sogar mit der gleichen Erkrankung, genau gleich sind. Es vertritt die Lehre, dass wahre therapeutische Wissenschaft es dem Arzt ermöglichen muss, dass er diese Unterschiede erkennen kann und dass er das benötigte Mittel für jedes Individuum finden kann. In der klinischen Praxis sind diese 'Unterschiede' normalerweise die entscheidenden Faktoren bei der Arzneimittelwahl. Es wird gesagt, dass die Homöopathie nicht die Erkrankung behandelt, sie behandelt den Patienten. In anderen Worten, sie individualisiert!