Homöopathie für die Liebe

Homöopathie für die Liebe

Von Dr. med. Berndt Rieger
ISBN 978-3-8304-2213-6
Buchrezension von Siegfried Letzel

Viel gab es schon zu lesen über die Liebe zur Homöopathie. Häufig beginnt diese Liebe mit dem ersten Kontakt zwischen einem homöopathischen Mittel verabreicht an einem Selbst. Und wer einmal erfahren hat, wie damit die eine oder andere Unpässlichkeit sanft und wirkungsvoll beseitigt wurde, der kommt von der Homöopathie nur schwerlich wieder los. Nur mit viel Liebe zur Heilmethode lässt sich die Hingabe erklären, mit der viele Homöopathen einen lebenslangen Lernprozess beginnen, den sie nicht mehr beenden können, selbst nicht nach Erreichen des beruflichen Ruhestandes.

In diesem Buch nun spielt die Liebe d i e zentrale Rolle. Und zwar als Zustand, den es zu therapieren gilt. Aber nehmen Sie diese Aussage bitte nicht wörtlich. Herr Dr. Rieger sieht an keiner Stelle seines Buches die Liebe selbst als therapiewürdige Erkrankung an. Die Themen seines Buches sind schon so gewählt, dass sie in einen Gesundheitsratgeber passen und angebracht sind. Und als Ratgeber ist dieses Buch wohl auch zu verstehen. Hier wird nicht tief in die Theorie der Homöopathie eingetaucht, hier wird die Anwendung der Homöopathie nicht mit wissenschaftlichem Anspruch vermittelt. Nein, schon eher handelt es sich bei diesem Buch um eine, sagen wir einmal, ansprechende ‚Bettlektüre’, wenn man so möchte, stellenweise sogar im doppelten Sinn. Das Buch bleibt in allen angesprochenen Bereichen weit an der Oberfläche und streift mit einer solchen Leichtigkeit durch die Thematik, wie es in einer Beziehung zwischen zwei Menschen nur selten mit einer solchen Gleichmäßigkeit vorkommen dürfte.

‚Für mehr Harmonie in der Partnerschaft’, ‚Krisen besser bewältigen’ und ‚Einander respektvoll begegnen’ – dies sind die Bereiche, in denen uns Herr Dr. Rieger mit seiner Arbeit berät. Nicht nur in Bezug zur Homöopathie, sondern durchaus auch als ‚lieber Freund der Familie’, der uns Aspekte in der Liebe bewusst macht, an die wir vor lauter Involviertheit vielleicht gar nicht bewusst denken. Als einziges Beispiel darf ich an dieser Stelle anführen ‚Liebe geht durch die Nase – Körpergerüche mildern’. Mundgeruch, Blähungen, unangenehmer Körpergeruch: Sie werden als Ausdruck konstitutioneller Schwäche beschrieben (wenn nicht durch mangelnde Hygiene oder unpassende Ernährung verursacht), und sodann schlägt der Ratgeber die Einnahme homöopathischer Mittel mitsamt einer Potenz- und Dosierungsempfehlung gemäß einiger weniger Schlüsselsymptome vor. 5 Globuli einer C 30, 3 Tage lang morgens, Trockengabe. In bestimmten Fällen folgt danach für 3 Tage gleich ein weiteres Mittel nach (Seite 101 f).

Anders der Therapievorschlag mit dem Konstitutionsmittel, das durch einen Test und der mitgelieferten Kompakt-Materia-medica ausfindig gemacht wurde: Hier wird eine Testgabe D 12 empfohlen und wenn die heilende Wirkung, die einen Tag anhält, auftritt, werden 5 Kügelchen C 200 empfohlen auszuprobieren. Eine Wirkungsdauer von 4 bis 6 Wochen wird angegeben und eine Wiederholung der Gabe erst nach Eintritt einer Verschlechterung empfohlen.

Der Streifzug durch das von der Homöopathie begleitete Liebesleben beginnt bereits im Vorwort, in dem wir darauf eingestimmt werden, dass die Homöopathie in Beziehungsdingen Außergewöhnliches zu leisten vermag. Gut zu wissen, man weiß ja nie ...

Zunächst wird der Leser in die wichtigsten Grundprinzipien der Homöopathie eingeführt. An dieser Stelle fällt auf, wie schwierig es ist, diese in einer äußerst komprimierten Form zu Papier zu bringen. Ungenauigkeiten sind so unvermeidlich. So bekommt der Leser mitgeteilt, dass „für die Zubereitung einer Verreibung zu Beginn ein Teil Arzneimittelsubstanz mit 99 Teilen Milchzucker verrieben wird. Bei allen weiteren Verdünnungsschritten wird von der jeweiligen Verreibung ein Teil entnommen und wieder mit 99 Teilen Milchzucker verrieben.“ Erst danach im Text werden die Mischungsverhältnisse bei der Herstellung von D- , C-, oder Q-Potenzen richtig erklärt. Geht man nach den Vorschriften 6 und 7 für Verreibungen nach dem HAB I, so heißt es dort:

- Die Verreibungen werden bis einschließlich der 4. Verdünnung durch Handverreibung oder Maschinenverreibung im Verhältnis 1 zu 10 (Dezimalverdünnung) oder 1 zu 100 (Zentesimalverdünnung) hergestellt. (Vorschrift 6)

- ... es ist stets so viel Lactose zuzusetzen, dass das Gesamtgewicht bei Dezimalpotenzen 10 Teile und bei Centesimalpotenzen 100 Teile beträgt. (Vorschrift 7)

Gut, eine solche kleine Ungenauigkeit tut dem Ziel dieses Ratgebers keinen Abbruch, die meisten Leser aus der Zielgruppe werden darüber hinweglesen, aber für mich liest sich das Buch gerade so, als fehle es durchgehend an Präzision.
So lernen wir gleich darauf, dass „es in der Homöopathie vor allem darum geht, Ihre Konstitution zu erfassen und vergleichend einem Arzneimittel zuzuordnen.“ Und: „Unter Konstitution verstehen wir Ihr gesamtes Wesen und Ihre individuellen Eigenschaften.“ ... „Die homöopathische Typenlehre ist das Resultat der Beobachtung, dass Menschen eine Fülle von Beschwerden bekommen, die für sie typisch sind, und die meistens auch mit einer einzigen homöopathischen Arznei befriedigend behandelt werden können.“ Gerade diese Aussage möchte ich gerne belegt bekommen.

Bei aller Ungenauigkeit und auch Lockerheit, mit der in diesem 160 Seiten starken Buch vorgegangen wird, darf man hier, da es sich doch ‚nur’ um einen Gesundheitsratgeber’ handelt, so penibel jedes Wort umdrehen?

Dies wäre sicher nicht in dem Sinne der Leser dieser Rezension. Aber es geht leider auf derselben Seite (S.16) gleich mit folgender Aussage zu ‚Mitteln’ und ‚Arzneien’ weiter: „In allen Fällen handelt es sich um homöopathische Verreibungen von Materialien, deren Wirkungen auf den Menschen in Arzneimittelprüfungen erforscht und niedergelegt wurden.“ Was ist denn mit all den Mitteln, die nach den Vorschriften 1-5 des HAB I hergestellt werden (Urtinkturen aus pflanzlichen Presssäften, Urtinkturen aus frischem Pflanzenmaterial, Urtinkturen aus getrocknetem Pflanzenmaterial, Urtinkturen aus tierischem Material, Lösungen)?

„Homöopathie für die Liebe“ erklärt uns im weiteren, was man für eine funktionierende Beziehung beachten sollte: Welche Eigenschaften eine wichtige Rolle bei der Partnerwahl spielen. ‚Der Große Beziehungstest’ hilft, mehr über uns selbst zu erfahren und welche Eigenschaften ein Partner haben sollte, um mit einem Selbst gut zu harmonieren. Hat man in diesem Test die Fragen entsprechend seinen Eigenschaften nach ‚Stimmt genau’ bis ‚Stimmt nicht’ angekreuzt und die entsprechenden Punkte zum Schluss zusammengezählt, so weiß man, zu welcher von 5 Gruppen man gehört. Auf einer Seite erfährt man nun für alle Gruppen, welcher Typ man ist und welche die passenden Eigenschaften eines möglichen Partners sind.

Nun folgt eine Anleitung, wie das Testergebnis genutzt werden kann. Mit der Gabe von ‚Konstitutionsmitteln’, so wird resümiert, „Geraten dann beide Partner in ihre ‚Mitte’ und viele Unterschiede gleichen sich aus.“ Das geeignete Konstitutionsmittel wird in diesem Buch gefunden, indem man die Mittel gemäß seiner Gruppe aus dem Test in der kompakten Materia medica studiert und das Passende sodann auswählt.
Die Materia medica zu jedem Mittel ist so angelegt, dass man auf den ersten Blick ersieht, ob das Mittel vorwiegend für Frauen oder für Männer geeignet ist. Nach einer Kurzcharakteristik des ‚Mitteltyps’ folgen Seelische Hinweise, Körperliche Hinweise, und So kommen Sie mit diesem Typ zurecht.

Der Ratgeber steht dem Leser auch zur Seite, wenn er aufgrund eines bevorstehenden Rendezvous plötzlich körperliche Erscheinungen zeigt (Pickel, Herpesbläschen). Mittel, die Linderung verschaffen können, werden aufgeführt und ihre diesbezüglichen Symptome beschrieben. Auch weitere Veränderungen aufgrund einer Erwartungsspannung werden angesprochen: Herzklopfen, Schwitzen, weiche Knie (mit einer erklärenden Ergänzung: „Wenn das Vegetativum verrückt spielt“).

Hilfe wird auch bei chronischen Problemen angeboten. So werden u. a. ‚Venenprobleme’ angesprochen, ‚Schöne, glatte Haut ein Leben lang’, ‚Übergewicht muss nicht sein’, ‚sexuelle Störungen’.

Der letzte Buchabschnitt ist betitelt „Der Weg ins Glück“. Hier spielen die Seele und die 12 Archetypen der Liebe (12 homöopathische Mittel, je nach [Arche-]Typ) eine Rolle.

In dem Thema „Liebe erneuern, stärken und vertiefen“ werden unterschiedliche Liebeshindernisse (wie z.B. ‚Zu wenig Kommunikation’ oder ‚Der Partner verändert sich’) angegangen. Auch hier werden zu jedem Hindernis homöopathische Mittel aufgrund wenigster Leitsymptome empfohlen.

Den Schluss bietet eine Seite für Liebes-Notfälle mit einer Reihe von ‚Akutmitteln, die die schlimmsten Seelenschmerzen lindern’.

Herr Dr. Rieger hat zweifellos ein kurzweiliges Buch verfasst. Für den Laien bietet es wirklich reichhaltig Informationen und Anleitungen; mit der Homöopathie besser vertraute Personen mögen sich vermutlich fragen, ob eine derartige Vereinfachung der homöopathischen Heilkunst im Sinne der Patienten sein kann.

So werden C 30 Potenzen immer wieder für einen längeren Zeitraum empfohlen (z. B. 1 X wöchentlich 5 Globuli über 6 Monate). Als Trockengabe. Bedenken darüber, dass die wiederholte Gabe stets unverändert erfolgt, gibt es in dem Buch nicht. Dass hoch- oder übersensible Patienten mitunter heftig auf solche Arzneigaben reagieren können – das scheint für die Homöopathie in Sachen Liebe nicht wichtig zu sein.

Den Stil des Buches und die dargebotene Herangehensweise an die homöopathische Therapie näher zu beschreiben und etwa zu kommentieren dürfte nicht weit führen. Jedenfalls sollte der künftige Leser dieses Buches wissen, dass es für Menschen geschrieben ist, die eine ‚vereinfachte’ Homöopathie ausprobieren möchten, denen eine Mittelwahl nach wenigsten Schlüsselsymptomen ausreicht und die auf eine Individualisierung der Gabengröße, Frequenz und Potenz der Arzneimittel keinen Wert legen.
Fachkreise werden aus diesem Werk nur äußerst begrenzt einen Nutzen ziehen können. Denn hierfür ist die Simplifizierung der homöopathischen Grundsätze, der Materia medica und der vorgeschlagenen Therapie viel zu vage bis zu kaum nachvollziehbar. Denn welcher Therapeut gleich welcher Heilmethoden kommt schon auf den Gedanken, Patienten auf den Aspekt „Liebe“ zu reduzieren und daraufhin zu behandeln?

Das Thema Liebe verkauft sich fast immer gut. Daher wird diesem Buch ein achtbarer Verkaufserfolg wohl sicher sein, vorausgesetzt, es ist in den Regalen des Buchhandels vorrätig und fällt so in die Hände jener, für die ‚Homöopathie auf Kochbuchniveau’ eine annehmbare Therapieform ist.

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Weitere Bücher zum Thema:
Die Buchbeschreibungen stellte Herr Berndt Rieger, Autor des oben besprochenen Buches, zur Verfügung.

Maria Schäfgen: Kommen Sie doch, wie Sie wollen. Homöopathische Wege zur weiblichen Lust

Dieses Buch einer Berliner Heilpraktikerin kommt aus der Praxis, verknüpft ihre eindringlichen Fallschilderungen jedoch auch mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Sexualität der Frau und ist nicht nur als homöopathischer Ratgeber, sondern auch als Selbsthilfebuch geeignet. Es ist ein leidenschaftliches Plädoyer für Selbstbestimmung und Selbstentfaltung auch im Intimleben, wobei der Einsatz homöopathischer Mittel dann als eine Art Katalysator dient. Es macht Spaß, darin zu lesen. Das Buch kombiniert Sprachwitz und das Engagement einer Therapeutin in ungewöhnlicher Weise. Es ist sichtlich auch für homöopathische Therapeutenkollegen geschrieben, mit interessanten Vergleichen zwischen einigen der häufigsten Arzneien.

Orlanda Frauenverlag 2004. 256 Seiten.
ISBN-Nr. : 3936937052

Kathrin Reichelt und Dagmar Uhl: Homöopathie für die Partnerschaft.

Der knapp gehaltene, sehr formschöne Band mit dem hübschen Umschlag und den zahlreichen Abbildungen ist eine sehr gute Einführung in das komplexe Thema Partnerbeziehung. Frau Uhl hat sich als Heilpraktikerin vor allem in der Partnerschaftsbetreuung einen Namen gemacht, während Frau Reichelt als Medizinjournalistin vor allem für den schnörkellosen Text und die flüssige Struktur des Buchs verantwortlich zeichnet. Es bewegt sich im Wesentlichen auf den Spuren von Georgos Vithoulkas und beschränkt sich dabei auf die Schilderung von 12 wichtigen homöopathischen Arzneimittelbildern, die weniger der Selbsttherapie mit Kügelchen dienen sondern eher als Grundlage für eine Seelenerforschung bei sich selbst und dem Partner genommen werden soll – mit der Hoffnung, dabei manche Klippen zu umschiffen. Die Partnerschaftstipps sind aus der Praxis genommen und überzeugend. Ein insgesamt fachkundiges und professionell geschriebenes Werk als Vorbereitung für den Gang zum klassischen Homöopathen.

Gräfe & Unzer 2006. 160 Seiten.
ISBN-Nr. : 377428881X