Vorträge über das Organon der Heilkunst - Zum Verständnis des § 9-10

Vorträge über das Organon der Heilkunst - Zum Verständnis des § 9-10

Author: 
Manish Bhatia

Heute werden wir das entscheidende Thema der Lebenskraft und ihrer Rolle für die Gesundheit besprechen. Hahnemann hat das Konzept der Lebenskraft in den §§ 9 bis 17 des Organon der Heilkunst beschrieben. Die §§ 9 und 10 befassen sich mit der Rolle der Lebenskraft bei Gesundheit. Aber bevor wir auf diese Paragrafen näher eingehen, müssen wir verstehen, wo der Ursprung der Lebenskraft zu finden ist. Woher stammt dieses Konzept?

Wörtlich bedeutet ‘Leben’ Bestehen, Existenz; Dasein; Sein (Quelle: DUDEN, das Synonymwörterbuch). Und Kraft bedeutet Stärke, Energie. So bedeutet Lebenskraft existenzielle Energie oder Energie, die für uns lebenswichtig ist. Die Lebenskraft wurde nicht von Hahnemann entdeckt. Sie ist ein sehr altes Konzept, das vermutlich in die frühesten menschlichen Zivilisationen zurückreicht und man kann sie bis in die Zeiten von Hippokrates und Galen zurückverfolgen. Lebenskraft nannte man das ‚Etwas’, das den Unterschied zwischen einem Lebewesen und einem toten Körper ausmacht. Verschiedene Leute haben sie mit Energie, Seele, Geist, Religion usw. in Verbindung gebracht. Diejenigen, die an die Lebenskraft glaubten, nennt man Vitalisten (Vitalismus: naturphilosophische Richtung, nach der das organische Leben einer besonderen Lebenskraft zuzuschreiben ist; Quelle: DUDEN, Das Fremdwörterbuch). Andere, die an die rein biologische und materielle Existenz glauben, bezeichnet man als Materialisten. Hahnemann wird als der letzte berühmte Vitalist angesehen. Sobald die moderne materielle Wissenschaft begann, Fortschritte zu machen, starb die vitalistische Tradition mehr oder weniger aus, außer in der Homöopathie.

Lassen Sie uns nun zu den §§ 9 und 10 kommen, um zu verstehen, was Hahnemanns Lebenskraft war. Später werde ich Ihnen ein paar neue Ideen präsentieren, durch die ich das Konzept der Lebenskraft aus Sicht der Thermodynamik biologischer Systeme versuchen werde, zu erklären.

Im §9 erklärt Hahnemann:

Im gesunden Zustande des Menschen waltet die geistartige, als Dynamis den materiellen Körper (Organism) belebende Lebenskraft (Autocratie) unumschränkt und hält alle seine Theile in bewundernswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen und Thätigkeiten, so daß unser inwohnende, vernünftige Geist sich dieses lebendigen, gesunden Werkzeugs frei zu dem höhern Zwecke unsers Daseins bedienen kann.

Ich erkläre ihnen jeden Satz Stück für Stück, bevor wir hier auf die Totalität schauen. Er beginnt die Definition von Lebenskraft mit den zwei Eigenschaften ‚geistartige’ und ‚Autokratie’. Autokratie bedeutet Regierungsform, bei der die Staatsgewalt unumschränkt in der Hand eines einzelnen Herrschers liegt (DUDEN, das Fremdwörterbuch). Sie ist der Demokratie entgegengesetzt, was ‚regiert durch Übereinstimmung’ bedeutet. Also ist die erste Eigenschaft, die wir von der Lebenskraft kennen, dass sie autokratisch ist. Sie ist das Eine, das über unser biologisches System herrscht und nichts Anderes ist ihr vorgesetzt.

Das Nächste, was dazugehört, ist ‚geistartig’. Dieses eine Wort hat viel Chaos und Konfusion in die homöopathische Welt gebracht. Menschen mit einem ‚wissenschaftlichen Geist’ haben das Konzept der Lebenskraft abgelehnt, weil sie als ‚geistartig’ und ‚geistähnlich’ definiert wurde. Aber was die Leute zu sehen versäumen ist, dass die nächste Aussage‚ ‚als Dynamis den materiellen Körper belebend’, als nähere Bestimmung für ‚geistartige Lebenskraft’ verwendet wurde. Die zweite Aussage erklärt einfach die Erste. Daher werden wir zunächst die zweite Aussage erklären.

Das Wort ‘Dynamis’ war ursprünglich ein griechisches Wort für Kraft, Vermögen, eine Änderung herbeizuführen. Es wurde von präsokratischen Philosophen in Bezug auf (nichtmaterielle) Qualitäten materieller Elemente verwendet. Aristoteles verwendete dieses Wort später, um die Möglichkeit oder die Kapazität für Veränderungen zum Ausdruck zu bringen. Sogar zu Hahnemanns Zeiten verwendete man das Wort, um ’die Kraft, die Bewegung schafft’, auszudrücken.

Hahnemann sagt ‘… als Dynamis den materiellen Körper belebende Lebenskraft ...’. Dies gibt uns die Einsicht in zwei Aspekte von Hahnemanns Philosophie. Erstens, er sah den Körper als ‚materiell’ an, zweitens, er glaubte, dass es irgendeine ‚Energie’ in unserem Körper gibt, die für unser ‚lebendig’ sein verantwortlich ist. Dass der lebende Körper mehr als die Gesamtsumme seiner Teile ist. Es ist diese Energie, die uns am Leben hält. Wenn sie dies verstanden haben, dann wird es völlig klar, dass das Wort ‚geistartig’ im ersten Satz nicht zur Beschreibung von ‚Seele’ oder irgendeiner religiösen Konnotation verwendet wurde. Das Wort ‚geistartig’ wurde lediglich dafür verwendet, die ‚nichtmaterielle’ Natur der Lebenskraft zu beschreiben.

Ferner sagt er, dass die Lebenskraft ‚unumschränkt waltet’. Unumschränkt bedeutet ’allein [herrschend], absolutistisch’. Daher meint der Ausdruck, dass die Lebenskraft absoluten Einfluss auf den materiellen Organismus hat.

Weiterhin beschreibt er, was die Lebenskraft bewirkt, während sie das ’unumschränkt walten’ beibehält. Er sagt, sie ’hält alle seine Theile in bewundernswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen und Thätigkeiten’. Also hält die Lebenskraft das normale Funktionieren unserer Körperteile aufrecht (bewahrt es). Bewahren heißt ’zusammenhalten’. Und was geschieht, wenn man aufhört zusammenzuhalten? ... Dinge degenerieren, sie gehen kaputt, sie zerfallen. Und das geschieht mit unserem Körper, wenn es die Lebenskraft nicht mehr gibt ... er zerfällt. Der Körper benötigt den konstanten Fluss der ’regulierten’ Energie, um diese biologische Schöpfung zusammenzuhalten.

Die Lebenskraft ist also verantwortlich, um unseren Körper ’in Gefühlen und Thätigkeiten’ zusammen aufrechtzuerhalten. So erwähnt Hahnemann die beiden primären Charakteristiken lebender Organismen, die Energie benötigen. Lebewesen können ’fühlen’ und sie können ’funktionieren’. Und es ist die Lebenskraft, die lebensnotwendige Energie, die diese Fähigkeiten zu fühlen und zu funktionieren an unsere Körperteile und den Organismus als Ganzen abgibt. Jetzt nennen Sie mal einen Biologen, Physiker oder irgendeinen anderen ’modernen’ Wissenschaftler, der dies bestreiten kann! War Hahnemann nicht einfach großartig?

Er bestimmt dies noch näher und sagt, dass die lebensnotwendigen Vorgänge auf eine harmonische und bewundernswerte Art und Weise aufrechterhalten werden. Harmonisch bedeutet die Fähigkeit, angemessen zusammenzuarbeiten oder das Equilibrium aufrechtzuerhalten. Daher spendet die Lebenskraft jedem Organ nicht nur die Empfindungen und Funktionen, sondern sie kümmert sich auch darum, dass alle Organsysteme zusammenfinden, um eine Einheit zu bilden, die wir Leben nennen. Dieses Merkmal ist auf biologischer Ebene dermaßen komplex, dass es nicht wundert, dass es Hahnemann ’bewundernswürdig’ nannte!

Jetzt, nachdem er die Lebenskraft und was sie für die Gesundheit tut beschrieben hat, fährt Hahnemann fort, um zu beschreiben, weshalb die Lebenskraft das tut, was sie tut. Er sagt, dass die Lebenskraft den Körper leben und funktionieren lässt, ’ so daß unser inwohnende, vernünftige Geist sich dieses lebendigen, gesunden Werkzeugs frei zu dem höhern Zwecke unsers Daseins bedienen kann.

Hier wird eine Hierarchie deutlich. Hahnemann fühlt, dass es hier zunächst einen ‚materiellen’ Körper gibt, über dem unsere geistigen Fähigkeiten stehen, der Geist. Der Geist ist vernunftbegabt, er ‚fühlt’ nicht nur, sondern er kann auch analysieren, interpretieren und aktiv denken. Über all dem ist eine dynamische Kraft, die uns am Leben hält und funktionieren lässt. Und es gibt einen Grund dafür, dass wir leben. Der Grund ist der, dass wir den ‚höheren Sinn der Existenz’ erreichen müssen. Was aber ist dieser höhere Sinn der Existenz? Und wie erreichen wir ihn?

Hier wiederum werden viele Leute, die das Organon zu verstehen suchen, religiös philosophisch. Sie beginnen über Gott und eins mit Gott zu sein nachzudenken. Aber das Organon ist ein wissenschaftlich medizinischer Text. Es kann philosophische Schattierungen ihres Autors hervorbringen, aber es gibt keinen Punkt, an der es eine unverhohlene Neigung zu irgendeiner religiösen Praktik oder metaphysische Erklärungen reflektiert. Daher lautet die Frage, was der höhere Sinn der Existenz ist.

Es fällt mir nicht leicht, dies eindeutig zu beantworten. Haben Sie sich noch nicht gewundert, weshalb wir als Menschen uns so von anderen Lebewesen unterscheiden? Warum wir die Fähigkeit besitzen, unser ’Selbst’ zu analysieren? Warum können wir uns ’prüfen’? Ich glaube fest an die Theorie der Evolution, Darwin und Genetik, dennoch gibt es Momente, in denen man fühlt, dass unsere Biologie alleine das Niveau unserer sozialen Komplexität und persönlichen Evolution nicht erklären kann. Die Biologie und die Evolutionstheorie sagen, dass jeder Einzelne von uns alles Mögliche daran setzen sollte, unsere Gene fortzupflanzen. Das bedeutet Polygamie und Mangel an sozialer sexueller Struktur. Trotzdem ’verlieben’ wir uns und häufig ’bleiben’ wir ein Leben lang verliebt. Um unserer Geliebten willen tun wir Dinge, die von der Evolutionstheorie und dem Überleben her gesehen ’töricht’ sind. Weshalb tun wir all dies?

Der primäre Zweck allen Lebens ist es sicherzustellen, dass seine eigene Lebensform fortbesteht, die Gene werden an die nächste Generation weitergegeben. DAS ist der höhere Sinn der Existenz. Wir benötigen dieses Niveau an Komplexität und Evolution nicht, um unseren biologischen Sinn der Existenz zu erfüllen. Es muss noch einen weiteren Sinn geben ... Etwas, das wir ’den tieferen Sinn unserer Existenz’ nennen können.

Für mich ist dieses Etwas, was wir während unseres Lebens vollbringen, ein Beitrag, um unsere Gesellschaft und uns besser zu machen. Menschen haben ständig danach gestrebt, ’bessere’ Menschen zu werden. Das, wofür wir uns auch immer entscheiden, um in unserem Leben eine positive Veränderung für die Menschheit zu erreichen, kann zum tieferen Sinn unserer Existenz werden. Ich möchte in meinem Leben die Homöopathie als ein gut etabliertes, wissenschaftlich anerkanntes und dominierendes System der Medizin sehen. Das also wird mein tieferer Sinn der Existenz. Für Sie könnte es so etwas sein wie ein guter Kliniker zu werden, eine bestimmte Forschungsarbeit durchzuführen, anderen zu helfen, oder einfach Ihre Arbeit gut zu erledigen. Sie müssen kein Arzt oder Ingenieur sein, um einen tieferen Sinn der Existenz zu haben. Sogar ein Straßenkehrer kann einen tieferen Sinn der Existenz besitzen – wenn er es realisiert. Wenn wir nicht, oder solange wir nicht realisieren, dass wir mehr Intelligenz besitzen als wir zur Erfüllung unseres biologischen Zwecks benötigen und wenn wir sie nicht für einen guten Zweck einsetzen ... dann gibt es zwischen uns und irgendeinem Tier keinen Unterschied. Wir kommen, ernähren uns, paaren uns, erzeugen Nachwuchs und sterben. Ich hoffe, Sie möchten nicht, dass dies die Summe Ihres Lebens ist. Wenn nicht, dann versuchen Sie, täglich ein besserer Mensch zu sein und tragen Sie auf positive Art und Weise zu Ihrer Gesellschaft bei.

Also sagt Hahnemann ‘so daß unser inwohnende, vernünftige Geist sich dieses lebendigen, gesunden Werkzeugs frei zu dem höhern Zwecke unsers Daseins bedienen kann.’ Hier nannte Hahnemann unseren materiellen Körper ein ‚Werkzeug’, ein ‚Betriebsmittel’ für den tieferen Sinn unserer Existenz. Ob Sie diese Worte nun aus einem sozialen oder einem philosophischen und religiösen Blickwinkel betrachten, sie sagen nur, dass, wenn eine Person wirklich ‚gesund’ ist, sie in der Lage ist, sich jenseits ihres biologischen Zwecks ihrer Existenz zu entwickeln und in positiver Hinsicht daran arbeitet, sich selbst als Individuum zu entwickeln und etwas Sinnvolles für ihre Gesellschaft beizutragen.

Um den §9 zusammenzufassen: Die Lebenskraft ist eine dynamische Energie, die uns am Leben und unsere Organe und Systeme in einem harmonischen Ganzen hält. Sie vermittelt unserem Körper Gefühle und Funktionen und hilft uns darin, uns zu besseren Menschen zu entwickeln!

Ist es nicht erstaunlich, dass, wofür ich 1600 Worte der Erklärung brauchte, Hahnemann in gerade einmal 51 Worte zusammenfassen konnte?

Lassen Sie uns nun zum §10 kommen. Er lautet:

Der materielle Organism, ohne Lebenskraft gedacht, ist keiner Empfindung, keiner Thätigkeit, keiner Selbsterhaltung fähig6; nur das immaterielle, den materiellen Organism im gesunden und kranken Zustande belebende Wesen (das Lebensprincip, die Lebenskraft) verleiht ihm alle Empfindung und bewirkt seine Lebensverrichtungen.

Er ist todt und, nun bloß der Macht der physischen Außenwelt unterworfen, fault er und wird wieder in seine chemischen Bestandtheile aufgelöst.

Jetzt, im zehnten Paragrafen, wiederholt Hahnemann, was er vorher gesagt hat. Im neunten Paragrafen sagte er, dass die Lebenskraft für die ‚Gefühle’ und ‚Funktionen’ verantwortlich ist. Im zehnten Paragrafen fügt er eine weitere Qualität hinzu – die Selbsterhaltung. Um unser Organsystem aufrechtzuerhalten, benötigen wir einen steten Energiefluss. Es ist ein allgemeingültiges Gesetz, dass biologische Systeme ohne Einfließen von Energie degenerieren. Das Energiesystem unseres Körpers, welches die Energie für die Erhaltung der materiellen Struktur zur Verfügung stellt, ist unsere Lebenskraft. Ohne Anwesenheit dieser ‚Dynamis’, dieser Energie, würden wir ohne alle erforderlichen Lebenscharakteristiken sein – Gefühle, Funktionen und Selbsterhalt. Ihre Rolle bei Krankheit unterscheidet sich von ihrer Rolle im gesunden Zustand, aber das werden wir später besprechen.

Jetzt haben wir also ein Grundverständnis für die Lebenskraft entwickelt und es ist an der Zeit, einige neue Ideen vorzustellen. Wenn sie diese Paragrafen gelesen haben, werden Sie immer noch das Gefühl haben, als ob die Lebenskraft ein ‚eigenständiges Gebilde’ wäre, aber ich persönlich habe die Lebenskraft als ein System verstanden. Erlauben Sie mir, ihnen diese Konzepte vorzustellen.

Haben Sie je darüber nachgedacht, woraus Ihr Körper besteht? Er besteht aus Organen, welche aus Geweben zusammengesetzt sind, welche wiederum aus Zellen bestehen. Die Zellen sind aus Proteinen, Kohlehydraten, Fetten usw. zusammengesetzt. Diese bestehen aus Molekülen und Atomen aus Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und zahlreichen anderen Elementen. All diese unterschiedlichen Atome sind nichts anderes als eine einzigartige Kombination von Energiepartikeln wie Protonen, Elektronen und Neutronen. So können wir für jeden bestimmten Zeitpunkt als ein organisiertes Bündel von Protonen, Elektronen und Neutronen definiert werden. Wir wissen, dass Masse und Energie konvertibel sind. Wir wissen, dass E=mc2 funktioniert und wir wissen, dass die Masse in Begriffen der Energie definiert werden kann. Daher können unsere biologischen Systeme, die wir mit Begriffen wie Zellen, Organe und Organsysteme definieren, auch mit Begriffen aus der Energie, wie ’Energiesysteme’, definiert werden, ohne dabei die biologische Wahrheit zu verlieren.

Als Nächstes werde ich die Lebenskraft in Begriffen der Energiesysteme erklären, die wir in der modernen Physik studieren. Zuvor muss ich Ihnen einige Grundkonzepte aus der Thermodynamik vorstellen.

Zum Verständnis der Thermodynamik

Die Thermodynamik ist eine Sammlung von Gesetzen und Lehrsätzen, die den Fluss und Austausch von Hitze, Energie und Materie in einem System von Interesse beschreiben.

Der erste Hauptsatz der Thermodynamik lautet: Die Gesamtmenge der Energie in einem isolierten System bleibt erhalten, obwohl die Energieform wechseln kann.

Und der zweite Hauptsatz der Thermodynamik lautet: In allen natürlichen Prozessen nimmt die Entropie des Universums zu.

Entropie ist ein Maßstab für die Unordnung in einem System. Ein System mit Ordnung und Komplexität hat eine niedrige Entropie. So wie die Komplexität und Ordnung abnimmt, so nimmt die Entropie eines Systems zu. Der zweite Hauptsatz lässt erkennen, dass die Natur dazu tendiert, von Ordnung zu Unordnung zu tendieren, von Komplexität zu Einfachheit.

In der Thermodynamik ist das ‘System’ der Anteil des Universums, mit dem wir uns befassen; alles andere ist die ‚Umgebung’. Das System + Umgebung = Universum.

Es gibt drei Arten von Systemen – geschlossene, isolierte und offene. In einem geschlossenen System tauscht das System keine Materie oder Energie mit der Umgebung aus. In einem isolierten System kann ein Energieaustausch zwischen dem System und der Umgebung stattfinden, aber Materie wird nicht ausgetauscht. In einem offenen System werden Materie und Energie zwischen System und der Umgebung frei ausgetauscht.

Wenn der zweite Hauptsatz der Thermodynamik universell wahr ist, dann können die komplexe Evolution des Lebens und Darwins Theorie nicht wahr sein. Jedes System im Universum versucht einfach zu sein, seine Entropie zu erhöhen. Dennoch hat sich das Leben in komplexen Systemen entwickelt, die thermodynamisch schwer zu erreichen sind. Die meisten Physiker fühlen immer noch, dass Proteine, RNA und DNA von solch hoher Komplexität sind, dass sie nur durch existierende Systeme produziert werden können (Zellen) und die Theorie über die spontane Evolution des Lebens wird immer noch als suspekt angesehen, weil thermodynamisch die Wahrscheinlichkeit eines spontanen Entstehens hochkomplexer Systeme in der Natur nahe null angesehen wird, besonders, wenn sich der zweite Hauptsatz der Thermodynamik sich bewahrheiten muss.

Wir werden uns hier nicht mit der Entstehung des Lebens befassen. Wir werden uns daran halten, die biologischen Entitäten als Energiesysteme zu erklären und werden dann weiterfahren, die Lebenskraft in diesem Licht weiter auszuführen.

Lebende Systeme sind aus komplexen molekularen Konfigurationen zusammengesetzt, deren Gesamtbindungsenergie weniger negativ ist als die ihrer chemischen Vorgänger und deren thermische und konfigurative Entropien sind ebenso geringer als die ihrer chemischen Vorgänger. Daher ist die Gibbs Energie lebender Systeme zu einfachen Verbindungen, aus welchen sie gebildet sind, relativ hoch. Die Bildung und Erhaltung von lebenden Systemen, deren Energieniveau vom Equilibrium reichlich entfernt ist, erfordert ständige Arbeit, die für das System geleistet wird. Um diese ständige Arbeit sicherzustellen, bedarf es, dass Energie und/oder Masse durch das System fließen, ohne die das System zu einem Gleichgewichtszustand (geringste Gibbs Energie) zurückkehren wird, mit der Zersetzung der komplexen Moleküle in Einfachere.

Bei lebenden Pflanzen wird der Energiefluss durch die Systeme prinzipiell durch Sonnenstrahlen geliefert. Diese Sonnenenergie wird in die notwendige nützliche Arbeit zum Erhalt der Pflanze in ihrer komplexen, hochenergetischen Konfiguration in einem komplexen Prozess umgewandelt, der Fotosynthese genannt wird. Masse, wie Wasser und Kohlendioxid, fließt ebenfalls durch die Pflanzen und stellt so die notwendigen Rohstoffe, aber keine Energie zur Verfügung.

Bei Tieren wird der Energiefluss durch das System durch das Essen von hochenergetischer Biomasse, entweder Pflanzen oder Tiere, zur Verfügung gestellt. Die Aufspaltung dieser energiereichen Biomasse und die darauf folgende Oxidation von Teilen davon (z. B. Kohlenhydrate), sorgt sowohl für eine ständige Quelle für Energie, als auch für Rohstoffe. Wenn Pflanzen Sonnenstrahlen und Tieren Futter vorenthalten werden, wird die Auflösung im System sicherlich den Tod bringen. Der Erhalt des komplexen, hochenergetischen Zustandes in Verbindung mit dem Leben ist ohne eine ständige Energiequelle nicht möglich.

Die Fakten bis jetzt

Menschen (alle lebenden Organismen) sind komplexe offene thermodynamische Systeme.

Offene thermodynamische Systeme sind niemals in einem Gleichgewichtszustand. Sie tauschen ständig Masse und Energie mit ihrer Umgebung aus.

Es bedarf viel Energie, um komplexe lebende Systeme in einem Zustand niedriger Entropie zu halten.

Zurück zur Lebenskraft

Wenn Sie den menschlichen Körper als offenes thermodynamisches System betrachten (was es ja ist), dann ist die Lebenskraft dieses essenzielle Energie (buchstäblich!) - System, das benötigt wird, um dieses komplexe biologische System in seinem Zustand niedriger Entropie zu halten.

Dieses Energiesystem besitzt alle Charakteristiken der Lebenskraft, die Hahnemann vorgeschlagen hat. Sie erhält und bewahrt das Leben; sie stellt die Energie für alle Empfindungen und Funktionen zur Verfügung, und wenn die Lebenskraft (oder dieses thermodynamische Energiesystem) gestört wird oder nachlässt, dann verlagert sich das System in Richtung eines ungeordneteren Zustands, was zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Störung auf biologischer Ebene führt – zu einem Prozess, den wir mit „Krankheit“ bezeichnen.

Dies sind nur einige einleitende Gedanken und wir werden sie weiter diskutieren, wenn wir die Rolle der Lebenskraft bei Krankheit und Heilung studieren. Aber für jetzt verlasse ich Sie mit all diesem, damit Sie darüber nachdenken können.

Referenzen

  1. Hahnemann S. 1997. Organon of Medicine. B. Jain Publishers, New Delhi.
  2. Thaxton et al. 1984. The Mystery of Life's Origin. Lewis and Stanley, Texas.

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Dr. Manish Bhatia