Repertorisierung, Dosierung und Wiederholung

Repertorisierung, Dosierung und Wiederholung

Repertorisierung, Dosierung und Wiederholung.

Nachdem der langwierigste und schwierigste Teil, der der Individualisierung Ihrer Symptome, abgeschlossen ist, ist der verbleibende Teil, der Ihrer Mittelwahl, schnell vollzogen und ist eine einfache mathematische Angelegenheit. Wie bei allen anderen mathematischen Problemen müssen wir mit der richtigen Prämisse beginnen und bestimmten Axiomen folgen, um die richtige Lösung zu finden. Wenn also die Logik unserer Symptomenanalyse richtig ist, wenn die verwendete Technik der Auswahl keine Mängel aufweist, dann muss die Wahl des Mittels mathematisch fest stehen.

Bevor ich die Repertorisationsanalyse vorführe, möchte ich ein paar Worte zur Verabreichung des Mittels, nachdem wir das Eine gefunden haben, welches unser individualisiertes Symptomenbild abdeckt, sagen. Einer der am schwierigsten zu verstehenden Punkte ist der, wann die Gabe zu wiederholen ist. Sie werden es als allgemeine Tatsache in akuten Fällen ansehen, dass bei leichter Verschlechterung der Symptome innerhalb kurzer Zeit, Sie nicht daran denken werden, eine weitere Gabe zu verabreichen, da Ihr Patient ohne weitere Medizin besser fahren wird; aber es gibt Umstände, die es notwendig machen, die Gabe zu wiederholen. Dafür gibt es keine feste Regel, die dargelegt werden kann, und es ist sehr schwierig zu lehren und zu verstehen; vielmehr kommt es nur mit der Erfahrung und unter Verwendung der eigenen Beobachtungsgabe.

Die sichere Regel lautet, wiederhole niemals die Gabe, nachdem eine Reaktion begonnen hat.

Wenn mehr als eine Gabe nötig ist, dann wiederhole die Gabe, bis eine Besserung eintritt und stoppen Sie dann; weitere Gaben werden die Heilung nur verzögern. Wenn eine Reaktion stattfindet, wiederholen Sie dann niemals das Mittel; wenn die Reaktion nachlässt oder die Besserung aufhört, dann kann das Mittel wiederholt werden.

Viele gute homöopathische Verschreibungen werden durch zu häufig wiederholter Gabe des richtigen Mittels verdorben. Wir behandeln häufig die Auswirkungen zu häufiger Arzneimittelgaben, wenn wir glauben, die Erkrankung zu behandeln.

Ich möchte an dieser Stelle nicht die Frage der Potenz aufbringen, aber es gibt eines, was ich betonen möchte; das ist, wenn die Verdünnung des richtigen Mittels Ihren Fall nur halbwegs in Richtung Heilung führt, und wenn Sie sich sicher sind, das richtige Mittel gewählt zu haben, erhöhen Sie die Potenz des Mittels, anstatt zu einem unpassenden Mittel zu wechseln. Auf diese Weise werden Ihre Fälle kompletter Heilung zugeführt.

Wir finden bestimmte Regeln über die Wiederholung des Mittels in Die Chronischen Krankheiten und Hahnemann diskutiert dies auf den Seiten 151 bis 157 [Die Chronischen Krankheiten, Band I, 5. Nachdruck 1991, HAUG Verlag], wenn er von dem dritten Hauptfehler in der Behandlung von Krankheiten spricht. Einen Teil daraus zitierend, finden wir auf Seite 151: "Der dritte Hauptfehler, welchen der homöopathische Arzt bei der Kur chronischer Krankheiten nicht sorgfältig genug und nicht standhaft genug vermeiden kann, besteht in der Uebereilung und Unbedachtsamkeit, daßs, wenn sich einer wohl gewählten, antipsorischen Arznei gehörig gemäßsigte Gabe einige Tage über dienlich gezeigt hat, gleich wieder eine andre Arznei gereicht wird, in der irrigen Voraussetzung, jene so kleine Gabe könne unmöglich länger, als 8, 10 Tage wirken und hülfreiche Dienste thun, welchen Wahn man dadurch zu unterstützen sucht, daßs den oder jenen Tag, wenn man sie fortwirken ließse, die zu tilgenden, krankhaften Symptome sich wieder von Zeit zu Zeit etwas gezeigt hatten.
Allein, wenn nur einmal die Arznei, weil sie richtig homöopathisch gewählt war, gut und vorteilhaft wirkt, was man schon den achten, zehnten Tag inne wird, so mag immerhin hie und da eine Stunde, oder ein halber Tag vorkommen, wo wieder eine mäßsige homöopathische Verschlimmerung eintritt; die bessern Folgen bleiben dennoch nicht aus, zeigen sich aber bei sehr langwierigen Uebeln zuweilen erst nach dem 24sten, 30sten Tage in ihrem besten Lichte; die Gabe wird dann etwa beim 40sten, 50sten Tage gewöhnlich erst ihre gute Wirkung vollends ausgewirkt haben, vor deren Ablauf es unverständig und den Fortschritt der Besserung hindernd seyn würde, schon wieder eine andre Arznei zu reichen. 
... Dieser Meinung widerspricht die Erfahrung gänzlich und dergestalt, dass man im Gegentheile die Heilung nicht mehr und nicht gewisser beschleunigen kann, als wenn man die passende, antipsorische Arznei, solange sie die Besserung fortsetzt noch fortwirken läßst, in solchen Fällen also möglichst spät, eine Gabe neuer Arznei gibt. Wer sich auf diesem Punkte in seiner Eilfertigkeit mäßsigen kann, kommt desto gewisser und schneller zum Ziele."

In der Fußnote auf Seite 154 finden wir: "Wer sich aber deßs nicht bescheiden und es daher nicht so nachthun will, wie ich hier nach langjähriger Prüfung und Erfahrung lehre - was wagt denn der Arzt, wenn er es genau so nachahmt? - wer es nicht genau so nachthun will, der kann auch diese großse, größste Aufgabe der  Kunst unaufgelöst, der kann die wichtigen, langwierigen Krankheiten auch ungeheilt lassen, wie sie bis zu meiner Lehre richtig ungeheilt geblieben sind."

Dieser dritte Schritt unserer Dreieinigkeit ist von gleicher Wichtigkeit wie die ersten beiden, denn ganz gleich, wie gut Sie den ersten und den zweiten Teil Ihrer Aufgabe vollbracht haben, alle Ihre Mühen können dadurch verdorben werden, indem Sie das Mittel falsch verabreichen.

Wenn wir unser Mittel gemäß der obigen Formel verabreicht haben, dann dürfen wir erwarten, dass bestimmte Dinge geschehen werden. In allen heilbaren Fällen erwarten wir, dass sich eine Heilung einstellt, oder dass Sie zumindest einsetzt. Wir werden vielleicht wissen, dass diese Kur durch bestimmte Anzeichen der Natur stattfindet, welche uns über die Symptome des Patienten vermittelt werden, und die Art und Weise, auf welche diese Zeichen oder Symptome verschwinden sagt uns, ob wir dabei sind, eine Heilung herbeizuführen. Wenn wir heilen, dann müssen die Symptome von oben nach unten, von innen nach außen und in der umgekehrten Reihenfolge ihres Erscheinens verschwinden.

 

Aus dem Studium des Organon und Der Chronischen Krankheiten lernen wir, dass es bestimmte andere Dinge gibt, die wir nach der Verschreibung erwarten könnten. Kent gibt uns diese Beobachtungen in elf an der Zahl. Ich zähle sie einfach ohne weiteren Kommentar auf, da eine Erklärung in Kents Prinzipien der Homöopathie zu finden ist, oder in einem Papier, welches ich selbst für das North American Journal of Homoeopathy verfasst habe.

Nach der ersten Gabe können wir folgende Ergebnisse erwarten:

1. Eine rasche Heilung findet statt, ohne Verschlechterung der Symptome
2. Die Verschlechterung verläuft schnell, kurz und heftig, gefolgt von rascher Besserung des Patienten.
3. Lange Verschlechterung mit abschließender und langsamer Besserung des Patienten.
4. Lange Verschlechterung mit abschließendem Verfall des Patienten.
5. Andauernde Besserung der Symptome ohne spezielle Linderung.
6. Zuerst Besserung mit nachfolgender Verschlechterung.
7. Zu kurze Linderung der Symptome.
8. Alte Symptome erscheinen.
9. Neue Symptome tauchen auf, nachdem das Mittel verabreicht worden ist.
10. Patienten, die jedes verabreichte Mittel prüfen.
11. Die Symptome schlagen die falsche Richtung ein.

Der erste verwendete Fall wird die Repertorisierungsanalyse illustrieren, indem wir uns durch die Bereiche der Allgemeinsymptome des Gemüts und des Körperlichen arbeiten. (Manche sind dieser Methode gegenüber vor eingenommen, aber es ist gut sie am Anfang zu benutzen, weil sie Sie in der Anordnung des Repertoriums ausbildet.)

Meine Beispiele, wie weitere illustrierte Fälle noch zeigen werden, folgen nicht dieser Methode, und dies macht mich angreifbar für die Kritik (aus bestimmter Richtung), zu mathematisch in meinen Methoden zu sein und schuld an falschen Ergebnissen zu sein. Diese Kritik könnte aufrechterhalten werden, wenn man sich von dem Repertorium als letzten entscheidenden Faktor für die Arzneimittelwahl abhängig machen würde; wenn man aber die Pathogenese des Mittels als letzte Entscheidungsgrundlage hinzunimmt, so wie sie in einer vollständigen Materia medica dargestellt ist, dann verstehe ich nicht mehr, wie diese Kritik gerechtfertigt sein könnte. Für mich zumindest ist meine Methode, die herausragendste Allgemeinheit als Startpunkt zu nehmen, sei Sie nun geistig oder körperlich, und Arzneimittel aus dieser Gruppe zu eliminieren nachvollziehbarer und einfacher zu folgen. In der Empfehlung dieser Methode gehe ich davon aus, dass der Arzt mit der Anordnung seines Repertoriums vertraut ist und ein Meister in der Kunst der Individualisierung von Fällen.