Miasmen - Ein Überblick

Miasmen - Ein Überblick

Author: 
Manish Bhatia

Einleitung

Während des 18. Jahrhunderts wurde das Wort 'Miasmen' frei benutzt, um die Absonderungen aus verrottenden tierischen oder pflanzlichen Stoffen zu beschreiben. Manchmal wurde es auch verwendet, um Absonderungen, die aus den erkrankten Körpern von Personen austraten, zu beschreiben. Den krank machenden Kräften, von denen man dachte, dass sie mit der Krankheitsentstehung zu tun haben, wurde der allgemeine Begriff 'Miasma' oder 'Miasmen' zugeordnet.

Die Verwendung des Begriffs durch Hahnemann wird heute noch kontrovers gesehen. An manchen Stellen seiner Schriften verwendet Dr. Hahnemann Miasma um auf die Prädisposition für Krankheit hinzudeuten, und an anderen Stellen benutzte er es, um auf krank machende Kräfte, ähnlich den Bakterien und Viren, hinzudeuten, und auch auf auf die Zustände, die aus ihrer Unterdrückung entstehen.

Geschichte

In den ersten Jahren seiner Praxis, in denen er sein Ähnlichkeitsgesetz anzuwenden begann, war Dr. Hahnemann bei akuten und epidemischen Krankheiten recht erfolgreich, aber er versagte kläglich bei einer großen Zahl chronischer Erkrankungen. Er sagte selbst -"... Ihr Anfang war erfreulich, die Fortsetzung minder günstig, der Ausgang hoffnungslos ..." (Die Chronischen Krankheiten, Band I, 2. Auflage, Seite 4)

Wenn ihn zum Beispiel ein Patient mit Knieschmerzen, die sich mit beginnender Bewegung verschlimmern und bei fortgesetzter Bewegung bessern, aufsuchte, hätte er vermutlich Rhus tox. verschrieben. Wenn die Ursache dieses Symptoms akut gewesen wäre, wäre der Patient geheilt worden. Wenn es sich um einen chronischen Fall handelte (sagen wir Arthritis oder Gicht), würde der Patient oft nach einer anfänglichen Besserung mit den gleichen Symptomen wieder zurückkommen.

Solche Beispiele ließen Dr. Hahnemann ausgiebig am Krankheitskonzept und der Entwicklung chronischer Krankheiten forschen. Nach 12 Jahren genauester Fallaufnahmen und -analysen fand er heraus, dass nahezu alle Patienten mit chronischen Krankheiten eine Geschichte entweder von Krätze, Syphilis oder Gonorrhö hatten, und dass sich die Patienten seit dem Zeitpunkt der Infektion nicht mehr wohl fühlten. Er nannte diese Infektionen und die Krankheitstendenzen, die ihnen erwuchsen, Miasmen. Das aus der Krätze entstehende nannte er Psora oder nicht venerisches Miasma. Die anderen beiden wurden als venerische Miasmen bezeichnet, da sie aus sexuellem Verhalten heraus entstanden. Das aus der Syphilis entstehende nannte er syphilitisches Miasma, und das aus der Gonorrhö entstandene, sykotisches Miasma.

Die Kluft

Während Hahnemanns Tage war die homöopathische Welt zweigeteilt -

a. Jene, die an die Miasmen glaubten

b. Und jene die es nicht taten

In den frühen Tagen dieser Theorie akzeptierten sie nur sehr wenige von Hahnemanns Schülern aus vollem Herzen. Es gab solche, wie Hering, die durch Erfahrung bekehrt wurden. Und es gab noch jene, wie Richard Hughes, die nie daran glaubten und sogar so weit gingen, und diese Miasmentheorie als Hahnemanns größten Fehler bezeichneten.

Später, mit dem Erscheinen von Kent und dem Beginn der Mikrobiologie/Bakteriologie, spalteten sich selbst die Miasmagläubigen in zwei Gruppen:

a. Jene, die glaubten, Hahnemanns Miasmen seien nicht Anderes als Bakterien und Viren.

b. Und jene, die an die spirituelle Natur der Miasmen glaubten.

Dr. Hering, R. Hughes, Stuart Close, G. Boericke, Margret Tyler, P. Speight, B. K. Sarkar, Harimohan Chaudhary - alle habe das Konzept bevorzugt, die Miasmen seien Bakterien oder entstünden aus bakteriellen Erkrankungen. Manche gingen sogar so weit, und nannten Hahnemann den Vater der Bakteriologie, weil seine Beschreibung der Miasmen in Vielem den Bakterien so ähnlich war. Andere, wie Kent, J. H. Allen, J. Paterson, H. A. Roberts usw. glaubten streng an die nichtmaterielle Natur der Miasmen. Sie beschrieben Miasmen als Dyskrasien, als Zustand, und als Prädisposition. Kent sagte sogar: "Psora ist die zugrunde liegende Ursache, die primitive oder primäre Störung der menschlichen Rasse ..., sie geht zurück auf den primitivsten Fehler in der menschlichen Rasse, auf die allererste Krankheit der menschliche Rasse, welches die spirituelle Krankheit ist ..."

Die Große Frage

Nun ist die große Frage, was genau hat Hahnemann gemeint, wenn er von Miasma sprach? Welches war sein Konzept des Ursprungs chronischer Krankheiten?

Wenn Sie sorgfältig durch die verschiedenen Werke Hahnemanns gehen, werden Sie realisieren, dass Hahnemann den Begriff 'Miasma' in beiden Bedeutungen an verschiedenen Stellen verwendete. Möglicherweise war er selbst ein wenig verwirrt. Auf der einen Seite hat er über die spirituelle Lebenskraft und ihre dynamische Störung als Ursache gesprochen, auf der anderen Seite war er sich sehr wohl bewusst, dass es etwas Materielles (Ansteckungszunder) bei akuten Krankheiten wie Cholera und Typhus, und bei chronischen Krankheiten wie der Syphilis und Gonorrhö geben musste. Wir müssen es uns bewusst machen, dass Hahnemann ohne der Hilfe von Mikroskopen die Krankheitsursachen zu verstehen versuchte. Er konnte sich nur auf seine scharfen Beobachtungen verlassen, und abgesehen von seinen Beobachtungen gab es nicht viel, was ihn unterstützen könnte. Eine ganze Klassifizierung von Krankheiten zu entwickeln, war ein wunderbares Werk von Hahnemann. Er hatte seine eigenen Grenzen, und sein Werk innerhalb dieser Grenzen ist außerordentlich.

Lassen Sie mich nun ein paar Abschnitte aus 'Die Chronischen Krankheiten' zitieren, welche beweisen, dass Hahnemann an die infektiöse Natur von Krankheiten glaubte, und dass er Miasmen als infektiöse Krankheitserreger ansah.

"Die Ansteckung mit Miasmen der akuten sowohl, als der gedachten chronischen Krankheiten geschieht ohne Zweifel in einem einzigen, das ist, in dem für die Ansteckung günstigsten Augenblicke. (Die Chronischen Krankheiten, Band I, 2. Auflage, Seite 43)

* Was hat die Natur in den 10, 12 Tagen mit der ihr von außsen zugekommenen Ansteckung gemacht? Mußste sie nicht die Krankheit erst dem ganzen Organismus einverleiben, ehe sie in den Stand kam, das Fieber zu entzünden und den Ausschlag auf der Haut hervorzubringen? (Die Chronischen Krankheiten, Band I, 2. Auflage, Seite 43, Fußnote)

An der Stelle der Geschlechtstheile, wo die Ansteckung erfolgt ist, sieht man in den ersten Tagen nichts Widernatürliches, nichts Krankhaftes, Entzündetes oder Aufgefressenes; auch ist alles unmittelbar nach dem unreinen Beischlafe erfolgende Waschen und Reinigen des Theils vergeblich. Die Stelle bleibt dem Ansehn nach gesund, bloßs der innere Organism ist durch die (gewöhnlich in einem Augenblicke erfolgte) Ansteckung in Thätigkeit gesetzt, um das venerische Miasm sich einzuverleiben und durch und durch venerisch krank zu werden. (Die Chronischen Krankheiten, Band I, 2. Auflage, Seite 46f)

* Oder haben diese verschiednen, akuten, halbgeistigen Miasmen die besondre Natur, daßs sie, nachdem sie die Lebenskraft im ersten Augenblicke der Ansteckung durchdrungen und dieselbe, jede auf ihre eigne Weise, krank gemacht, dann in ihr auf Parasiten-Art schnell gewachsen und sich, meist durch ein eignes Fieber ausgebildet haben, nach Erzeugung ihrer Frucht (des reifen, ihr Miasm wieder mitzutheilen fähigen Haut-Ausschlages) von selbst ersterben und so den lebenden Organism davon wieder frei und der Wieder-Genesung überlassen?

Sind dagegen nicht die chronischen Miasmen mit dem Leben des von ihnen ergriffenen Menschen fortlebende, in dem von ihnen anfänglich hervorgebrachten Ausschlage (Krätzepustel, Schanker, Feigwarze - ihrer wieder ansteckenden Frucht) aber nicht, wie die akuten Miasmen von selbst wieder ersterbende, halbgeistige Krankheits-Parasiten, die nur durch eine Gegen-Ansteckung mit ganz ähnlicher, stärkerer Arznei-Krankheits-Potenz (durch die Antipsorika) aufgehoben und vernichtet werden können, so daßs der Kranke frei von ihnen wird und geneset? (Die Chronischen Krankheiten, Band I, 2. Auflage, Seite 45f, 2. Fußnote)"

Ebenso hat Dr. Hahnemann in seinem Artikel über die Asiatische Cholera, veröffentlicht 1831, geschrieben:

"Die auffallendsten Ansteckungen mit reißenden Fortschritten erfolgten bekanntlich, ..., in deren dumpfigen Räumen, von moderigen Wasserdünsten erfüllt, das Cholera-Miasm ein seine Vervielfältigung begünstigendes Element fand und zu einer, bis ins Ungeheure vermehrten Brut jener, dem menschliche Leben so mörderisch feindlichen, unendlich feinen, unsichtbaren, lebenden Wesen gedieh, welche den Ansteckungsstoff der Cholera wahrscheinlichst bilden,..." (Gesammelte Kleine Schriften, Haug Verlag, Seite 815)

Lassen Sie mich nun ein paar Paragraphen aus dem Organon und aus Die Chronischen Krankheiten zitieren, die zeigen, dass Hahnemann Krankheit als dynamisch, nichtstofflich und den Ursprung chronischer Krankheiten als dynamische Empfänglichkeit für Krankheit ansah.

"... daßs alle miasmatische Krankheiten, welche eigenartige Lokalübel auf der Haut zeigen, stets eher als innere Krankheiten im Körper vorhanden sind, ehe sie ihr Lokal-Symptom äußserlich auf der Haut erscheinen lassen..." (Die Chronischen Krankheiten, Band I, 2. Auflage, Seite 42)

" Ist denn das, durch Zeichen an Krankheiten sinnlich Erkennbare nicht für den Heilkünstler die Krankheit selbst - da er das die Krankheit schaffende, geistige Wesen, die Lebenskraft, doch nie sehen kann und sie selbst auch nie, sondern bloß ihre krankhaften Wirkungen zu sehen und zu erfahren braucht, um hienach die Krankheit heilen zu können?" (Organon der Heilkunst, Fußnote zu §6)

" ...; er nennt solche Wirkungen dynamische, virtuelle, das ist, solche, die durch absolute, spezifische, reine Macht und Wirkung des Einen auf das Andre erfolgen. So ist z.B. die dynamische Wirkung der krankmachenden Einflüsse auf den gesunden Menschen, sowie die dynamische Kraft der Arzneien auf das Lebensprincip, um den Menschen wieder gesund zu machen, nichts als Ansteckung und so ganz und gar nicht materiell, so ganz und gar nicht mechanisch, als es die Kraft eines Magnetstabes ist, wenn er ein, in seiner Nähe liegendes Stück Eisen oder Stahl mit Gewalt an sich zieht. ... so wie ein Kind mit Menschen-Pocken oder Masern behaftet, dem nahen, von ihm nicht berührten, gesunden Kinde auf unsichtbare Weise (dynamisch) die Menschen-Pocken oder die Masern mittheilt, das ist, in der Entfernung ansteckt, ohne daß etwas Materielles von dem ansteckenden Kinde in das anzusteckende gekommen war, oder gekommen seyn konnte, so wenig als aus dem Pole des Magnetstabes etwas Materielles in die nahe Stahlnadel." (Organon der Heilkunst, Fußnote zu §11)

"Einzig die krankhaft gestimmte Lebenskraft bringt die Krankheiten hervor, so daß die, unsern Sinnen wahrnehmbare Krankheits-Aeußerung zugleich alle innere Veränderung, das ist, die ganze krankhafte Verstimmung der innern Dynamis ausdrückt und die ganze Krankheit zu Tage legt." (Organon der Heilkunst, §12)

"Daher ist Krankheit (die nicht der manuellen Chirurgie anheim fällt) keinesweges, wie von den Allöopathen geschieht, als ein vom lebenden Ganzen, vom Organism und von der ihn belebenden Dynamis gesondertes, innerlich verborgnes, obgleich noch so fein gedachtes Wesen (...) zu betrachten." (Organon der Heilkunst, §13)

"Indem aber an Krankheiten nichts aufzuweisen ist, was an ihnen hinwegzunehmen wäre, um sie in Gesundheit zu verwandeln, als der Inbegriff ihrer Zeichen und Symptome, und auch die Arzneien nichts Heilkräftiges aufweisen können, als ihre Neigung, Krankheits-Symptome bei Gesunden zu erzeugen und am Kranken hinwegzunehmen,..." (Organon der Heilkunst, §22)

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So können wir sehen, dass die Verwirrung über die Krankheitsursache oder den -ursprung, in großem Ausmaß in Hahnemanns Schriften, selbst bis zur 6. Auflage des Organon der Heilkunst, offensichtlich war. Auf der einen Seite sagte er, nichts Materielles könne in kranken Personen gefunden werden, da Krankheit aus der dynamischen Unordnung der Lebenskraft resultiert, und auf der anderen Seite beschrieb er mikroskopische lebende Organismen als Ursache für die Cholera!

Miasmen in der modernen Welt

Nach Hahnemann haben viele Homöopathen vorgeschlagen, dass es, weil Miasmen Krankheits-Syndrome seien, mehr Miasmen als die Psora, Syphilis und Sykosis geben kann. Das Konzept besteht darin, nach Krankheiten zu suchen, die selbst nach offensichtlicher Heilung einen erkrankten Zustand zurücklassen, besonders nach Unterdrückung von Symptomen. Diesbezüglich wurden bisher folgende Miasmen vorgeschlagen:

  1. Tuberkulinisch – J. H. Allen
  2. Vakzinose – Dr. Burnett
  3. Krebs
  4. Malaria – R. Sankaran
  5. Tinea – R. Sankaran
  6. Typhoid – R. Sankaran
  7. Lepra – R. Sankaran
  8. Pocken

Das Verständnis und die Herangehensweise jener, die neuere Miasmen vorgeschlagen haben, ist unterschiedlich und auch verschieden von Hahnemanns Vorstellungen. Solche Verschiedenheiten entstehen aus einem unterschiedlichen Verständnis von Krankheitsprozessen und von deren Herangehensweise. Daraus resultierend, wurde die Welt der Miasmen chaotischer.

Ich will nun 3 moderne Autoren herauspicken - Vithoulkas, Sankaran und Vijayakar, und möchte ihre Herangehensweise und ihr Verständnis chronischer Miasmen sondieren.

Georgos Vithoulkas

Georgos Vithoulkas fällt nicht darauf herein zu sagen, Miasmen wären Bakterien oder einfache Empfänglichkeiten für Krankheiten. Nach ihm kann beides zutreffen - eine Empfänglichkeit, erworben durch eine unterdrückte Erkrankung, oder durch andere starke Einflüsse auf die Lebenskraft, so wie Impfungen, starke emotionale oder geistige Schocks, ODER eine Empfänglichkeit die von den Eltern vererbt wurde.

Vithoulkas definiert Miasmen so:

"Ein Miasma ist eine Prädisposition zu chronischer Erkrankung, die dem jeweiligen akuten Erkranken zugrundeliegt. Sie ist -

1. von einer Generation zur anderen übertragbar und kann

2. günstig beeinflusst werden durch die passende, d.h. homöopathisch angezeigte Nosode, die entweder aus dem erkrankten Gewebe oder dem entsprechenden Medikament bzw. Impfstoff hergestellt worden ist." (Die Wissenschaftliche Homöopathie, Seite 140)

Er sagt auch: "Abgesehen von den Forschungsergebnissen Hahnemanns kann jeder Homöopath, der die fortschreitende konstitutionelle Degeneration der Patienten über eine längere Zeit verfolgt hat, das Vorhandensein einer ganzen Reihe von 'Miasmen' bezeugen." (Die Wissenschaftliche Homöopathie, Seite 139)

Vithoulkas glaubt, dass Miasmen in chronischen Krankheiten als Schichten auftreten (von Unterdrückung?), welche eine nach der anderen durch Arzneimittel entsprechend der Totalität der Symptome gelöst werden müssen. Vithoulkas glaubt auch, dass jedes Miasma jede Pathologie produzieren kann, und dass die Vorstellung, Tumore seien sykotisch, Geschwüre syphilitisch usw. falsch ist. Mit Ausnahme der Tatsache, dass Vithoulkas annimmt, dass es viele Miasmen gibt, ist seine Herangehensweise an die Miasmen jedoch sehr klassisch.

Rajan Sankaran

In seinem Werk 'The Spirit Of Homeopathy' (Das Geistige Prinzip der Homöopathie), beschrieb Sankaran Krankheit als 'Illusion', das 'Bewusstsein' darüber wird zur 'Heilung'. In seinem Folgewerk 'The Substance Of Homeopathy' (Die Substanz der Homöopathie) erweitert er seinen Ansatz in Bezug auf Krankheit auf das Konzept der Miasmen. Anders als Andere, die ihr Verständnis über Miasmen aus der Krankheitsursache und der Klassifizierung von Krankheiten zogen, entwickelte Sankaran seine Vorstellungen über Miasmen, indem er versuchte, das gemeinsame Thema in den geistigen Zuständen und Illusionen bekannter antimiasmatischer Mittel herauszufinden. Dort beginnend, erweiterte er das Konzept auf die physischen und pathologischen Zustände entsprechend den Miasmen.

Zum Beispiel, um sein Verständnis über die Psora zu entwickeln, studierte er bekannt antipsorisch wirkende Mittel wie Sulphur und Psorinum, und verglich ihre zugrundeliegenden Themen, Illusionen und Zustände, um die gemeinsame miasmatische Grundlage zu finden.

Sankaran sagt: "Das Akute (Miasma) ist die unmittelbare Reaktion die nötig ist, um zu überleben. Die Psora ist die Reaktion auf eine Situation, welche es erfordert, mit den äußerlichen Umständen zu kämpfen, um zu überleben. Sykosis ist die Reaktion auf eine Situation, die es erfordert, dass er seine eigene Schwäche akzeptiert und verschleiert, um zu überleben. Die syphilitische Reaktion beginnt mit der Realisierung, dass die Anpassung nicht mehr ausreicht, und dass, um zu überleben, er radikale Veränderungen der inneren oder äußeren Umstände herbeiführen muss, oder in Beidem, um zu überleben."

Sankarans Ansatz auf der geistigen Ebene mag Vielen als radikal erscheinen, aber im Grunde genommen ist seine Art, physische Symptome der Miasmen zu benutzen, sehr klassisch. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Sankaran die Ohren von hinter dem Kopf herkommend anfasst! Sankaran hat sein Verständnis über die Miasmen mit seinem Verständnis über die Arzneimittel und ihrer geistigen Zustände entwickelt.

Der bedeutende Aspekt Sankarans Konzepts der Miasmen ist seine Konzentration auf neuere Miasmen, wie dem tuberkulinischen M., leprösen M., kanzerösen M., Malaria-M., typhoiden M. und dem Tinea-M. Er sagt, das typhoide Miasma ist ein subakutes Miasma, welches zwischen dem akuten Miasma und dem psorischen Miasma liegt. Es hat das vorherrschende Gefühl einer kritischen Situation, welches, wenn es während eines kritischen Zeitraumes richtig behandelt wird, in vollständiger Heilung enden wird. Das Tinea-Miasma liegt zwischen der Psora und der Sykosis. Es besitzt charakteristischerweise den Wechsel von Perioden des Kampfes mit der Erfolgsangst und Perioden der Verzweiflung und des Aufgebens. Das Malaria-Miasma, welches zwischen dem akuten Miasma und der Sykosis liegt, hat ein akutes Gefühl der Bedrohung welches in Abständen auftritt. Tuberkulinisches Miasma, lepröses Miasma und Krebs-Miasma liegen zwischen der Sykose und der Syphilis. Beim tuberkulinischen Miasma findet sich das Gefühl intensiver Unterdrückung und Ausbeutung, und das Verlangen nach Veränderung. Das Krebs-Miasma besitzt ein Gefühl der Schwäche mit Unfähigkeit darin, mit dem Wunsch nach Perfektion. Lepra hat das Gefühl intensiver Unterdrückung, intensiver Hoffnungslosigkeit, und einen intensiven Wunsch nach Veränderung.

Der andere Unterschied in Sankarans Ansatz ist seine Liste antimiasmatischer Arzneimittel. Da er eine andere Klassifizierung der Miasmen benutzt, und weil er sich auch auf den 'Zustand' des Patienten verlässt, um das Miasma zu beurteilen, besitzt er seine eigene Liste antimiasmatischer Mittel.

Ich kann an dieser Stelle nicht noch tiefer in Sankarans Ansatz eintauchen, aber ich möchte gerne noch sagen, dass, obwohl Sankarans Miasmen sehr unterschiedlich zu Hahnemanns Miasmen erscheinen, sie es letztlich nicht sind. Sankaran hat sämtliche seine Miasmen aus Infektionen ausgewählt, und er verwendet auch körperliche Symptome, um das Miasma, wie Andere auch, zu identifizieren. Der Unterschied in seinem Werk liegt darin, dass er in der Lage war, unterschiedliche geistige Zustände jedem Miasma zuzuordnen, und der Wechsel von einem in ein anders Miasma wird durch aufeinander folgende Veränderungen des mentalen Zustandes aufgezeigt. Der einzige Nachteil in Sankarans Ansatz liegt darin, dass sein Vorgehen so stark von einer spezifischen Methode der Fallaufnahme, -analyse und dem Verständnis des geistigen Zustandes abhängig ist, darin, dass er auch viel Subjektivität einführt, und Andere mögen es als schwierig erachten, die gleichen Ergebnisse zu erhalten, wenn sie seinem Ansatz folgen.

Prafull Vijayakar

Vijayakars Herangehensweise an die Miasmen ist nicht neu. Er benutzt die sehr klassischen Ansätze Hahnemanns der Psora, Syphilis und Sykosis. Das Einzigartige seiner Herangehensweise liegt in seinem Verständnis dieser Miasmen.

Vijayakars grundlegender Ansatz ähnelt dem bestehenden Verständnis über die Miasmen: Die Psora hängt mit Gereiztheit zusammen, Sykose mit Ekzess oder unzulänglichem Wachstum, und die Syphilis mit Zerstörung. Aber er scheint nicht an das Konzept der Infektionen als Grundübel der Miasmen zu glauben. Er setzt Miasmen mit den zellulären Schutzmechanismen in Beziehung. Dr. Vijayakars Ansatz ist der, dass reine Symptomenähnlichkeit bei chronischen Krankheiten keine Ergebnisse liefern wird, außer, das darunter liegende Miasma des Patienten wird berücksichtigt.

Dr. Vijayakar setzt die physiologische Zellverteidigung in Beziehung mit der Psora, die konstruktive Verteidigung mit der Sykose, und die zerstörerische Verteidigung mit der Syphilis. Er sagt, jeder besitzt alle drei Miasmen, aber die dominierende Zellverteidigung einer Person reflektiert das dominante Miasma der Person. Wenngleich neuartig, scheint sein Ansatz des Verständnisses über die Miasmen in vielen Aspekten sehr einseitig  und unzulänglich zu sein. Die ekzessive Konzentration auf die Zelle unter dem Ausschluss des 'Ganzen' hinterlässt eine Menge offener Fragen. Er hat versucht, die Miasmen in ein wissenschaftliches Kleid zu stecken, aber auf tieferer Ebene war er mit seinen Bemühungen nicht sehr erfolgreich.

Worin er erfolgreich war, ist die klinische Verwendbarkeit der Miasmen. Wenn sie seine Bemühungen zulassen, die Miasmen über die Gene und alles zu erklären, dann können Sie dem Rest seiner Herangehensweise leicht, und tatsächlich auch gut folgen. Vijayakars Ansatz ist, sich auf die Totalität des Falles zu verlassen, welche das darunter liegende Miasma beinhaltet. Anders als Sankaran, der sich auf gegenwärtige geistige Zustände des Patienten verlässt, verlässt sich Vijayakar auf innewohnende geistige Eigenschaften (wie gewissenhaft, fleißig, usw.) der Person, um seine Suche nach dem Similimum einzugrenzen. Die Art und Weise, in der Vijayakar zwischen der Wichtigkeit von Arzneimitteln in einem bestimmten Fall, und dem zugrundeliegenden Miasma differenziert, ist es wert, beachtet zu werden. Man kann Vijayakars klinischem Ansatz leicht folgen, und anders als dies bei Sankaran der Fall ist, gibt es viel weniger Subjektivität.

Schlussfolgerung

Nachdem ich Hahnemanns Werk durchforstet habe, und Verständnis über die Art und Weise erlangt habe, wie sich seine Gedanken entwickelt haben, wurde mir bewusst, dass die Theorie der Miasmen drei unterschiedliche Aspekte hat -

A. Genetische oder natürliche Empfänglichkeit für eine Krankheit.

B. Erworbene Empfänglichkeit für chronische Krankheiten - durch Unterdrückung oder Gebrauch allopathischer/antipathischer Maßnahmen.

C. Krankheiten, welche unbehandelt oder falsch behandelt werden, führen zu chronischen Erkrankungssyndromen entsprechend des natürlichen Fortschreitens der Krankheit, oder sie führen zu einer erhöhten Empfänglichkeit für andere Erkrankungen.

Hahnemann hat über all dies an der einen oder anderen Stelle gesprochen, aber aufgrund des Mangels an wissenschaftlichen Fortschritten, konnte er sein Verständnis der Ursache chronischer Krankheiten und chronischer Miasmen nicht systematisieren. Die Verwirrung, die in seinen Werken deutlich wird, hat die homöopathische Gemeinschaft seit Hahnemanns Tagen begleitet. Der Grund liegt darin, dass, während Homöopathen häufig dogmatisch darüber sind, was Hahnemann geschrieben hat, sie doch selten zu verstehen suchen, warum er schrieb und was er schrieb. Der Ansatz von Kent, Vithoulkas, Sankaran und Vijayakar ist nichts als ein jeweils einseitiger Ansatz dieser multidimensionalen Theorie. Wir benötigen weitere Arbeiten, um dieses Konzept zu systematisieren und um es auf eine wissenschaftliche Plattform stellen zu können.

Ende

© Dr. Manish Bhatia