Die Reise einer Krankheit Homöopathisches Konzept von Heilung und Unterdrückung

Die Reise einer Krankheit Homöopathisches Konzept von Heilung und Unterdrückung

von Mohinder Singh Jus
3-906407-03-9, Homöosana, SHI Homöopathie AG, Zug, CH
Buchrezension von Siegfried Letzel

 

Dieses Buch eines indischstämmigen Homöopathen weist eine Besonderheit auf: üblicherweise publizieren indische Homöopathen zuerst in englischer Sprache, bevor ihre Bücher ins deutsche übersetzt werden. Im Falle dieses Buches verhält es sich genau anders herum:

"Die Reise einer Krankheit", 1998, erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der 5. Auflage bei Homöosana, während "The Journey of a Disease - a Homeopathic Concept of Suppression and Cure" (ISBN10: 3-921383-99-4; ISBN13: 978-392-138399-5) erst seit 2006 vom Narayana-Verlag aufgelegt wird.
Diese eher ungewöhnliche Reihenfolge der Publizierung erklärt sich aus der Tatsache, dass Hr. Jus seit 1985 in der Schweiz praktiziert und lehrt.

Gewidmet wurde dieses Buch einer Person, die alleine durch ihre Biografie, aber nicht durch irgendwelche Veröffentlichungen in unseren Breiten einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hat: seinem Lehrer B. K. Bose, der 1977 als letzter noch verbleibender Schüler von J. T. Kent 98-jährig in Kalkutta verstarb.
Näheres über den Verfasser dieses Buches erfährt man auf dessen Webseite http://www.jus-seminare.de/biographie.html. Hier steht über ihn geschrieben: "Im Jahre 1985 kam er mit dem Ziel in die Schweiz, die von Dr. B. K. Bose erlernte Homöopathie in diesem Lande zu verbreiten."

Zu Bose selbst lesen wir: "... Er vermittelte mir nicht nur tiefe Einblicke in die Kentsche Homöopathie, er beeindruckte mich mit seiner einzigartigen Persönlichkeit. ... Ich sah ihn niemals von Hahnemanns Prinzipien abschweifen. ..."

Mit diesen vielversprechenden Worten wollen wir nun unser Ränzchen schnüren und die Krankheit auf ihrer Reise begleiten. Möge unsere Studienreise uns reiche Erkenntnisse über die Heilmodalität Homöopathie und über die Natur der Krankheiten bescheren.

Den Einstieg in die Homöopathie erleichtert uns Herr Jus bereits in seinem VORWORT, indem er schon hier einige essenzielle Grundbegriffe für den Leser aufbereitet und auch die Verbindung zwischen ihnen herstellt: Lebenskraft, Miasma, Psora, Akutkrankheit, chronische Krankheiten, Heilungsgesetz (wobei unter diesem Begriff die Heilungsregel nach Hering beschrieben wird).

Gleich zu Beginn geht der Autor auch auf die gängigsten Fehler in der homöopathischen Behandlung ein.
Ganz gleich, ob es sich beim interessierten Leser um einen Homöopathiestudenten handelt oder um einen interessierten Patienten, der es sich überlegt, ob die Homöopathie für ihn selbst als künftige Therapieform in Frage kommen könnte: Man wird sich der Tatsache bewusst gemacht, dass diese 'harmlosen' homöopathischen Mittelchen durchaus genauso verantwortungsvoll und wohlüberlegt eingesetzt werden müssen wie konventionelle Medikamente auch. Eine Sorgfalt, die sowohl für den Therapeuten als auch für den Patienten gilt.

So warnt der Autor zum Beispiel davor, dass der Homöopath dem Anliegen seiner Patienten nachgibt und auf dessen Drängen hin ein Zwischenmittel gegen eine Erstverschlimmerung verschreibt, was für die Heilung hinderlich wäre.

Nebenbei gibt Herr Jus seiner Absicht Ausdruck, dass er mit seinem Buch sowohl Mediziner als auch Laien ansprechen möchte. Am Ende der Rezension werden wir vielleicht wissen, ob dieses durchaus nicht einfache Vorhaben gelungen ist.

Über welche Stationen führt uns die nun folgende Reise in diesem Schriftwerk? Besprochene Themen sind:

- Was ist Homöopathie?
- Wer war C. F. S. Hahnemann?
- Grundbegriffe: Leben, Gesundheit, Krankheit, Heilung, Ähnlichkeitsgesetz, Lebenskraft, kleinstmögliche Dosis, homöopathische Mittel, Potenzierung, homöopathisches Gesetz der Heilung, Unterdrückung.
- Potenzwahl, Wiederholung der Gabe, palliative Behandlung.
- Konzept der Miasmen.
- Psora.
- Sykose.
- Syphilis.
- Tuberkulares Miasma.
- Wechseljahre und Homöopathie.
- Impfungen und ihr Einfluss auf die Konstitution.
- Empfindlichkeit.

All dies bekommen wir im handlichen DIN A5-Format auf 319 Seiten und stabil gebunden präsentiert. Das Schriftbild ist übersichtlich, die Schrift angenehm groß und der Zeilenabstand weit: Damit ist ein entspanntes Lesen auch in öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet. Als Bettlektüre eignet sich dieses Format ebenso gut, jedoch möchte ich damit keinesfalls andeuten, dass der Inhalt des Buches einschläfernde Wirkung hat. Dafür ist es, auch dank der zahlreichen Beispiele aus der Praxis, viel zu spannend. Viel zu spannend? Handelt es sich hier denn nicht um ein Fachbuch?

Nun, geschrieben wurde dieses Buch ja auch für Menschen, für die "Homöopathie" wahrlich ein Fremdwort ist - oft gehört, nie verstanden: "Homöopathie? Ist das nicht so etwas Pflanzliches?"
Für Menschen, die sich also wirklich erstmalig ernsthaft einen Begriff von der Homöopathie machen wollen, scheint mir das Konzept dieses Buches optimal zu sein. Es ist weder zu oberflächlich, noch verliert es sich in den Tiefen der für Novizen nicht nachvollziehbaren und dadurch trockenen Theorie.

Fast schon erwartungsgemäß beginnt Mohinder Singh Jus im 1. Hauptteil des Buches mit der Frage, was klassische Homöopathie eigentlich ist. Weshalb eigentlich klassische Homöopathie und nicht einfach Homöopathie? Hat Hahnemann selbst eine klassische Homöopathie entwickelt, gekannt oder erwähnt? Eine Antwort auf diese Frage habe ich leider nicht finden können.

Definiert wird die klassische (?) Homöopathie in diesem Buch jedenfalls mit einer Aufzählung ursprünglicher homöopathischer Grundprinzipien, die mit einigen Bemerkungen garniert sind, die uns auf die von der konventionellen Medizin so völlig anderen Philosophie aufmerksam machen. Eine hier gemachte Aussage, die belegen soll, dass hochverdünnte homöopathische Mittel NICHT auf Plazebowirkung beruhen, ist leider nicht so stichhaltig, sprich wissenschaftlich begründet und akzeptierbar, ausgeführt. Das Thema Plazebowirkung und Homöopathie stellt sich wesentlich komplexer dar und wird in zahlreichen wissenschaftlichen Artikeln wesentlich vielschichtiger diskutiert.

Eine Kurzbiografie Hahnemanns darf in einem solchen Buch natürlich nicht fehlen, enthält sie doch die Ursprünge der Entwicklung der Homöopathie. Später, am Ende des ersten Buchteils werden auch C. v. Bönninghausen, C. Hering, J. T. Kent und B. K. Bose kurz aber treffend vorgestellt.

Nun kurz noch einmal zur Erklärung der wichtigsten Schlüsselbegriffe: Das Leben bezeichnet Jus als Verstrickung von Seele und Körper.
Gesundheit, Krankheit und Heilung: Während Gesundheit nur knapp beschrieben wird, werden Krankheit und Heilung mit der Lebenskraft in Beziehung gesetzt und der Zusammenhang zwischen Krankheitsentstehung und Lebensstil erläutert.

Unter Heilung versteht der Autor nicht die Beseitigung von Symptomen an sich, sondern er sieht auch hier die Verbindung zur Lebenskraft und grenzt sie von Linderung und Unterdrückung ab. Ein Novize mag an dieser Stelle wohl erstmalig ins Grübeln kommen - und dies ganz bestimmt nicht zum letzten Mal. Aber wie es sich für ein Lehrbuch gehört, tragen anschauliche Beispiele zum Verständnis dieses für Viele "neuen" Denkansatzes bei.

Mit dem wachsenden 'medizinischen' Wortschatz ist der Leser nun für den nächsten Schritt in die homöopathische Philosophie gerüstet, die doch so ganz anders als bei den anderen Heilmethoden ist. Und da wird das Ähnlichkeitsgesetz vorrangig behandelt, von seiner Entdeckung bis zu der Verbindung zu einem weiteren Grundpfeiler in der Homöopathie, der Arzneimittelprüfung. Um die Qualität dieses Komplexes für das Leben herauszustellen, vergleicht ihn Herr Jus mit dem Gesetz des Gegensätzlichen, nach dem konventionell behandelt wird. Wir lesen über die Krankheitsentwicklung aufgrund schulmedizinischer Therapie, die in erster Linie Symptome zu beseitigen und sie zu unterdrücken sucht, weil sie das Ähnlichkeitsgesetz nicht anwendet.

Der nächste vorgestellte Bestandteil der homöopathischen Heilweise ist die Individualisierung. Hier lernen wir, weshalb es in der Homöopathie kein Einzelmittel gegen eine bestimmte Beschwerde wie Durchfall geben kann und wie Krankheitssymptome vom Therapeuten aufgenommen und gewertet werden, wie die Eigentümlichkeit eines jeden Patienten erkannt werden muss.

Das Buch beschreibt eindringlich, wie der Patient nach konventioneller Art der Medizin unter großem technischen Aufwand untersucht wird und wie dann die als krank diagnostizierten Teile des Körpers behandelt werden. Die Nachteile einer solchen Herangehensweise werden mit der homöopathischen Methode verglichen, die ja, wie bereits erwähnt, dem Körper UND der Seele Beachtung schenkt. Sagt doch der Patient: "Ich bin ...", "ich mag ...", "mir ist ...". Hier sagt Autor Jus so wunderschön: "Die Seele kann nur durch Seele wahrgenommen und berührt werden."

In dem Erklärungsmodell der Homöopathie spielt die Lebenskraft eine wichtige Rolle. Für den Autor dieses Buches hat diese für jedes unterschiedliche Wesen eine individuelle Intelligenz und einen eigenen Charakter. Er spricht der Lebenskraft die Fähigkeit zu, mit einem Symptom sowohl lediglich warnen als auch eine Krankheit ausdrücken zu können.

Im Folgenden lernen wir über das "Gesetz der kleinstmöglichen Gabe', über die Quellen der homöopathischen Mittel, über den Vorgang der Potenzierung und über das Gesetz der Heilung (die Heringsche Regel, das Heringsche Heilungsgesetz).

Und nun lernen wir ein Phänomen kennen, vor dem sowohl Homöopathen als auch Patienten wirklichen Respekt haben: die Erstverschlimmerung als Heilreaktion. Es wird zwischen einer Erstverschlimmerung im Zustand einer akuten Krise und einer Reaktion der stimulierten Lebenskraft auf das potenzierte homöopathische Mittel unterschieden.

Beim Lesen dieser Textpassage entsteht in mir der Eindruck, als müsse eine Erstverschlimmerung mit den 'verstärkten und manchmal ins Unerträgliche gesteigerten physischen Symptomen' eine schon normale, gewöhnliche Reaktion auf das Mittel sein. Herr Jus sieht diese verstärkte Symptomatik als 'Tiefenreinigung' durch die Lebenskraft an, oft begleitet von Schwitzen und vermehrtem Harndrang. Gerne möchte ich Dr. Jus fragen: "Ist dies vielleicht auch nur eine Entschuldigung für die zugefügten Unannehmlichkeiten?" Mir scheint nämlich, für ihn scheinen Erstverschlimmerungen, bezogen auf den Therapieverlauf, durchaus etwas Erfreuliches an sich zu haben.

Widmen wir uns nun dem so häufig nicht begriffenen und falsch verstandenen Thema der richtigen Potenzwahl. Das Buch nennt die Leitkriterien und macht auf den überempfindlichen Problempatienten aufmerksam. Es werden einige Eigenschaften beschrieben, an denen Überempfindlichkeiten erkannt werden können und Herr Jus empfiehlt in solchen Fällen niedrige C- bzw. LM-Potenzen - dennoch sei das Ausmaß der Verschlimmerung weniger vom Potenzgrad, sondern von der Empfindlichkeit des Patienten abhängig. Wir erfahren in diesem Kapitel eine ganze Reihe von Anhaltspunkten, die uns in der Wahl der richtigen Potenz anleiten.

Wir werden in unserem Studium auch angeleitet, wie man mit der langzeitlichen Einnahme von schulmedizinischen Arzneimitteln umgehen sollte und welche Grundsätze angewendet werden müssen, möchte man diese ausschleichen.

Abgeschlossen wird der Buchabschnitt "Wahl der Potenz" mit der Feststellung, dass Hahnemann gesagt hat, die Wahl der Potenz sei nebensächlich, die Wahl des Mittels sei wichtig.

An dieser Stelle fände ich es für die nächste Auflage dieses Buches wünschenswert zu erklären, weshalb dann Dr. Hahnemann während seiner letzten Praxisjahre bei chronischen Krankheiten, besonders bei überempfindlichen Patienten und bei schweren Pathologien oft mit einer in Wasser aufgelösten C 6-Potenz begann, um sich dann über die C 12, C18, C 24 bis zur C 30 hinaufzuarbeiten und um dann erst zur LM 1 zu wechseln.

Auch die Wiederholung der Dosis (Gabe) und der dabei zu berücksichtigenden Faktoren werden für uns besprochen. Eine Rolle hierbei spielen

- Der Charakter und die Eigenschaften des homöopathischen Mittels.
- Der Charakter der Krankheit.
- Der miasmatische Hintergrund des Patienten

Diese Erkenntnis übrigens findet sich auch in § 246 in der 5. Organon-Auflage und sie findet sich wieder in § 281 der 6. Auflage.

Ich zitiere Herrn Mohinder Singh Jus zur Gabenwiederholung (Seite 83):
"... Die Meinung, das Mittel häufiger verabreichen zu müssen, um die Heilung zu beschleunigen, ist irreführend. Das sind allopathische Gedanken und nicht homöopathische. Nicht die Menge, sondern die Qualität der Information ist wichtig. Eine vorzeitige Wiederholung des homöopathischen Mittels, wenn die frühere Dosis noch wirkt, bringt die Lebenskraft durcheinander und richtet mehr Schaden als Nutzen an.
...
Wann wiederholen wir das Mittel? Wenn nach mehreren Monaten der Besserung jetzt ein Rückschritt oder Stillstand eingetreten ist. Eine neue Fallaufnahme wird gemacht, um sicherzustellen, ob immer noch das frühere oder aber ein neues Mittel indiziert ist. ..."

Das Gesagte steht mit dem § 245 der 5. Auflage des Organon im Einklang, auch mit der "Abwarten-und-Beobachten-Methode" aus der 4. Auflage.

Jedoch heißt es in § 245, 5. Auflage des Organon: "Jede merklich fortgehende und auffallend zunehmende Besserung ... schließt jede Wiederholung irgendeines Arzneigebrauchs durchgängig aus. ..."
Und nochmals § 246, 5. Auflage des Organon: "Langsam hingegen fortschreitende Besserung auf eine Gabe ... vollendet zwar auch, ... in Zeiträumen von 40, 50, 100 Tagen ... theils ist dies nur selten der Fall, theils muss dem Arzte, so wie dem Kranken viel daran liegen, dass ... dieser Zeitraum bis zur Hälfte, zum Viertel, ja noch mehr abgekürzt ... werden könnte."

Und dies lässt sich nach diesem Paragrafen unter drei Bedingungen ausführen:

  1. Treffende homöopathische Arzneimittelwahl.
  2. Feinste Gabe
  3. Wenn eine solche feinste, kräftige Gabe der bestgewählten Arznei in angemessenen Zeiträumen wiederholt wird.

Wurde in der empfohlenen Methodik zur Arzneimittelwiederholung in diesem Buch nur ein Teil der von Hahnemann geleisteten Entwicklung der Methode zur Behandlung von Kranken übernommen? Denn während nach der 4. Auflage praktizierende Homöopathen lange Wartezeiten bis zur Gabenwiederholung in Kauf nehmen müssen, kann nun die dennoch sanfte Behandlung beschleunigt werden. Der Therapeut kann nun mit der jetzt eingeführten Auflösung des Mittels in Wasser das Mittel wiederholen, während der Patient eine langsame Besserung erfährt, was Hahnemann als 'rechte Mittelstrasse' bezeichnete (§ 246, Fußnote, 5. Auflage, Organon).

Nach der kurzen Einführung in die homöopathische Palliativbehandlung werden Krankheiten in vier Gruppen klassifiziert und diese sodann näher ausgeführt.

Nach der Durcharbeitung dieser einführenden Themen, quasi der Reisevorbereitungen, beginnt jetzt der eigentliche Teil, in dem wir uns auf den Weg machen, die Krankheit zu begleiten. Die Reise beginnt mit der Vermittlung dessen, WAS eigentlich behandelt werden muss. WAS ist krank? Die DIAGNOSE? Der KÖRPER? Der MENSCH? Das ICH?

Wird richtig behandelt - wird das RICHTIGE behandelt - dann verschiebt sich die Krankheit nicht auf andere Bereiche des Kranken, sondern es erscheint das untrügliche Zeichen, ein Zustand, der die erfolgreiche Therapie belegt: Welcher Zustand dies ist, sagt ihnen das Kapitel "Unterdrückungen von Krankheiten".

Gemäß der homöopathischen Denkweise sieht Herr Jus Symptome nicht verschwinden. Er sieht Krankheiten sich bewegen, sich verschieben, weitergehen. Wo also, 'gehen diese Symptome hin'? Welche Bedeutung haben sie?

Und: woher kommt die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten in einem Menschen, wie zum Beispiel für Allergien? Wie kann es sein, dass selbst homöopathisch behandelte Symptome nach kurzer Zeit wieder auftreten?
In der Erklärung hilft uns nur Hahnemanns Miasmenlehre.
Sie wird uns in solcher Form dargestellt, indem zuerst die verschiedenen Miasmen im Überblick vorgestellt werden und sodann im Einzelnen und detaillierter nach Allgemeinem, charakteristischen Merkmalen, körperlichen Merkmalen und in einer Übersicht der zugehörigen Symptome, wobei tuberkular speziell noch von syphilitisch differenziert wird.

All diese Miasmen werden allgemein wieder sehr anschaulich beschrieben. Alltäglich beobachtbare Phänomene werden den entsprechenden Miasmen zugeordnet und ihre Rolle für den Patienten umrissen.
Bei der Psora ist das beispielsweise Schweiß als psorische Erleichterung und die entstehenden Gefahren, wenn man diese Erleichterung unterdrückt.
Bei der Sykose ist es zum Beispiel die verstopfte Nase und rezidiviertes Auftreten von Polypen und die Gefahr von Bronchialerkrankungen infolge von derer Entfernung.

So werden uns zahlreiche häufig anzutreffende Krankheitsbilder vorgestellt und die entsprechende miasmatische Zuordnung geliefert. Dies hilft dem Leser, 'ein Gefühl' für die unterschiedlichen Miasmen zu entwickeln. Symptome, die sowohl dem einen, als auch einem anderen Miasma angehören können, werden entsprechend differenziert (zum Beispiel rasch fortschreitende Osteoporose als syphilitisch, langsam fortschreitende Osteoporose als sykotisch).

Zu dem tuberkularen Miasma erwähnt Jus korrekterweise, dass es nicht Hahnemann war, der es herausgearbeitet hat und dass es eine Pseudopsora ist, eine Kombination des syphilitischen und des psorischen Miasmas.

Der Autor hat sich erfolgreich große Mühe gegeben, diese Miasmen einleuchtend darzulegen, sodass der Homöopathielaie einen guten Einstieg in dieses oft so un- oder missverstandene Konzept hat.
Durch die Komplexität der Zusammenhänge sind viele Homöopathieschüler, ganz gleich auf welchem Niveau, verführt, das Thema 'Miasma' zu umschiffen oder aufzuschieben. Ich meine, dass die Lektüre des vorliegenden Buches einen sehr brauchbaren ersten Schritt darstellt, um sich dem Thema zu stellen.

Herr Jus hat dem Buch einen Abschnitt beigefügt, um dessen Thematik innerhalb der Therapeutenschaft und in der Öffentlichkeit zunehmend häufig und heftig diskutiert wird: "Einfluss der Impfungen auf die Konstitution". Hier wird das Thema der Impfentscheidung sehr grob angeschnitten. Es geht hier um Auswirkungen von Impfungen, die sehr schädigend sein können. Der Artikel scheint Eltern auf die Impfproblematik aufmerksam machen zu wollen und sie durch die Aufzählung zahlreicher, nach Impfungen aufgetretener konventioneller Krankheiten (konventionelle Krankheitsnamen), von Impfungen fern zu halten. Der letzte Satz in diesem Abschnitt lautet: "Seien Sie weise, haben Sie keine Angst, hören Sie auf Ihre "innere' Stimme". Die Intention von Herrn Jus in allen Ehren, aber die hier präsentierten Informationen zum Thema Impfen sind leider zu dürftig, um verantwortungsvoll eine Entscheidung treffen zu können. Dabei gibt es doch hervorragende Literatur zu diesem Thema. Es würde dem vorliegenden Buch sehr gut stehen, wenn Fakten für das Pro und Kontra von Impfungen aufgezählt und nebeneinander gestellt würden, um den Eltern eine informationsbasierte und nicht eine emotionsbasierte Entscheidung zu ermöglichen.

Den Abschluss des Buches bildet ein Artikel, der mit "Empfindlichkeit" betitelt ist. Er enthält einige an die Homöopathie angelehnte Lebensweisheiten, die uns einige Dinge im Umgang mit unserer Familie und unseren Mitmenschen bewusst machen und unseren Umgang miteinander überdenken helfen und wie wir uns dabei fühlen.

Was nun vermittelt uns dieses Buch? Zum einen ist es ein Kurzlehrbuch das hilft, das Grundkonzept der Homöopathie zu verstehen. Des Weiteren ist es ein sehr gelungener Wegweiser in die schwierige Thematik der Miasmenlehre. Uns wird ein grobes Verständnis für die Krankheitsentwicklung aus homöopathischer Sicht vorbereitet und für den richtigen Ansatz einer homöopathischen Behandlung, damit diese erfolgreich verlaufen kann. Die Weitergabe von Wissen, um eine homöopathische Behandlung selber durchführen zu können, gehört nicht zu den Zielvorgaben dieses Buches.

Was mich an dem Buch beträchtlich irritiert ist der Buchteil, in dem es um die Applikation der homöopathischen Arzneimittel und die Erstverschlimmerung geht. Obwohl die Wasserauflösung von Mitteln und auch Q-Potenzen (LM-Potenzen) angesprochen werden, die ja in der 5. bzw. 6. Auflage des Organon eingeführt wurden, so wird mit Erstverschlimmerungen nach der 4. Auflage verfahren. Hier wäre mir eine aktuellere Beschreibung der Methodik lieber gewesen.

Einsteigern möchte ich dieses Buch dennoch ans Herz legen, weil es ihnen wirklich einen sehr angenehmen und kompetenten Einstieg in die Homöopathie verschafft. Das Buch ist frei von kopierten Originaltexten, die sich für junge Menschen als schwer lesbar darstellen. Die Reichhaltigkeit an Beispielen veranschaulicht auch schwierige Zusammenhänge auf angenehme Weise. Man spürt permanent, dass hier ein gelehrter Praktiker geschrieben hat und dass ihm die Homöopathie, aber auch die Studenten und Patienten wirklich am Herzen liegen.

Das Buch wurde auch, wie im Vorwort formuliert, für Mediziner geschrieben. Diese Aussage trifft richtig aber nur für solche Ärzte zu, die sich bisher noch nicht mit der Homöopathie näher befasst haben. Nutzen aus diesem Buch werden aber ganz sicher alle jene Therapeuten ziehen können, die über eine indikationsbezogene Verschreibung von Einzel- und Komplexmittel hinausgehen wollen und die sich von der Symptomenunterdrückung abwenden möchten. Sie finden hier einen leichten Einstieg in die so ganz andere Ansatzweise in der homöopathischen Philosophie und Therapie.

Das Buch kann bezogen werden bei:

Narayana Verlag, Blumenplatz 2, 79400 Kandern

info@narayana-verlag.de, www.narayana-verlag.de