Die Fallaufnahme

Die Fallaufnahme

Die Fallaufnahme

Es gibt drei Dinge, die die sorgfältigste Beachtung des homöopathischen Praktikers verdienen - die Fallaufnahme, die Arzneimittelwahl und die Verabreichung des Mittels. Die Beziehung dieser drei Schritte zueinander ist dermaßen eng verwoben, und die Ergebnisse des einen Schrittes so abhängig von der Sorgfalt und Genauigkeit der Vorangegangenen, dass ich es mir erlaube, sie "Homöopathische Dreieinigkeit" zu nennen.

Den Fall aufnehmen.

Lassen Sie uns den ersten Teilbereich betrachten - den der Fallaufnahme. Wenn wir uns erhoffen, in der Heilwirkung unserer Mittel auch nur den geringsten Erfolg zu haben, müssen wir diesen ersten Schritt genau einhalten und den Instruktionen des Organons (§§ 83-104) sorgfältig folgen. Wenn unser Fall nur mäßig aufgenommen wird, oder die falschen Symptome aufgenommen werden, können wir mit Sicherheit nicht mit dem zweiten Schritt fortfahren. Ganz gleich, welches Verfahren wir benutzen, um zu dem Mittel zu gelangen, ohne eine gute Fallaufnahme ist unsere mühevolle Arbeit zum Scheitern verurteilt. Lassen Sie uns den wichtigsten Schritt näher betrachten. Was heißt es, einen Fall aufzunehmen?

Darauf höre ich viele Antworten: dass doch jeder weiß, wie man einen Fall aufnimmt, weil es nur eine Sache der Aufzeichnung der Symptome unseres Patienten ist. Wie wahr, aber auf welche Symptome müssen Sie achten und welche zeichnen Sie auf? Ich sage Ihnen in meinem tiefsten Glauben, dass heutzutage weniger als ein Einziger von einhundert praktizierenden Homöopathen weiß, wie man einen Fall richtig aufnimmt. Sie mögen sagen, dass dies eine ziemlich herbe Aussage ist, aber aus meiner Erfahrung heraus denke ich, wenn überhaupt ein Fehler gemacht wurde, dann der, dass ich diese Zahl zu hoch angesetzt habe.

Oftmals wurden mir Fälle für eine Repertorisationsanalyse zugesandt, Seite für Seite mit Symptomen dieses Patienten, und aus dieser riesigen Sammlung nichts Verwertbares, an was eine Verschreibung festgemacht werden könnte, nichts, um diesen Fall von Hunderten anderer an der gleichen Krankheit Leidender zu unterscheiden.

Das ist das Bescheuerte. Da liegt der Stolperstein.

Alle stellen sie eine Diagnose, und viele mir zugesandte Fälle würden feine Lehrbuchbeschreibungen dieser Krankheit abgeben, aber es ist nicht die Krankheit, von der wir eine Aufzeichnung machen wollen; es ist der individualisierte erkrankte Patient.

Kein Mensch kann eine homöopathische Verschreibung aus diagnostischen oder pathognomischen Symptomen erstellen. Das einzige Ziel des Arztes ist die Sprache der Natur zu sichern. Es ist notwendig, die Krankheit nicht durch die Pathologie zu kennen, nicht durch die körperliche Diagnose, ganz gleich, wie wichtig diese Bereiche auch sind, sondern durch die Sprache der Natur.

Wenn man die homöopathische Philosophie wie sie im Organon, den Chronischen Krankheiten und in Kents Vorlesungen beschrieben werden studiert, begegnet man der Tatsache, dass viele der Hauptpunkte durch die Anordnung der Leitgedanken in Dreiergruppen gewichtet werden, und es vermag nicht weit hergeholt zu sein, diese in Kürze zu besprechen.

Die drei Verfügungen

Wenn man die ersten beiden Paragrafen des Organon betrachtet, findet man drei Verfügungen - schnell, sanft und dauerhaft zu heilen.

Dadurch erklärt Hahnemann das höchste Ideal der Heilung, welche die rasche, milde und beständige Wiederherstellung der Gesundheit ist, oder die Beseitigung der Krankheit in ihrem ganzen Ausmaß auf die kürzest mögliche, verlässlichste und harmloseste Art und Weise. Lassen Sie uns überlegen, was wir unter einer Heilung verstehen.

Der Arzt, der nicht in homöopathischer Philosophie ausgebildet ist, wird antworten, dass eine Heilung in dem Verschwinden des pathologischen Zustandes besteht. Tut sie das? Wir glauben, nein. Zum Beispiel, sorgt die Entfernung von Hämorrhoiden für die Heilung des Patienten? Wenn dem so wäre, warum tritt dann eine so große Prozentzahl operierter Fälle erneut auf? Heilt die Entfernung einer karzinomatösen Brust die Patientin? Wenn dem so wäre, warum treten Sie so häufig erneut auf? Sorgt die Entfernung von Hautausschlägen für eine Heilung? Wenn dem so ist, weshalb wird sie so oft von verschiedenen inneren Störungen gefolgt, welche örtliche Maßnahmen nicht zu lindern vermögen?

Nein, dies sind keine Heilungen.

Sie sind nur die Entfernung des sichtbaren Symptoms, und ein Symptom macht nicht das Bild des erkrankten Patienten aus. Wir müssen auf das Früher dieses offensichtlichen Symptoms schauen, zur Totalität der Patientensymptome und diese berücksichtigen, wenn wir unsere Verschreibung machen, und so durch die Entfernung dieser Symptome die Gesundheit wieder herstellen; dann werden die äußeren Erscheinungen verschwinden. Es sollte immer eine nach innen gerichtete Verbesserung eintreten, wenn ein äußeres Symptom zum Verschwinden gebracht wurde. Wenn die Entfernung von Symptomen nicht von einer Wiederherstellung von Gesundheit gefolgt wird, kann dies nicht Heilung genannt werden.

Im § 70 finden wir Folgendes: "... alles was der Arzt wirklich Krankhaftes und zu Heilendes an Krankheiten finden kann, bloß in dem Zustande und den Beschwerden des Kranken und den an ihm sinnlich wahrnehmbaren Veränderungen seines Befindens, mit einem Worte, bloß in der Gesammtheit derjenigen Symptome bestehe, durch welche die Krankheit die, zu ihrer Hülfe geeignete Arznei fordert, hingegen jede ihr angedichtete innere Ursache, verborgene Beschaffenheit, oder ein eingebildeter, materieller Krankheits-Stoff, ein nichtiger Traum sey."