Auszug aus dem neuesten Werk von Dr. Luc De Schepper: Professionelles Fallmanagement in der Homöopathie
Frage 8: Was ist die zentrale Wahnidee (CD)?
Die Entstehung von Wahnideen und von der zentralen Wahnidee
Den Wahnideen wird unter den Paragraph 153-Symptomen der höchste Wert zugeschrieben (siehe Hahnemann im Brennpunkt, Kapitel 9). Wahnideen bzw. fixe Ideen entstehen infolge nicht aufgelöster, langdauernder schmerzhafter Ereignisse. Sie enthalten immer ein Körnchen Wahrheit. Wie bereits erwähnt, haben Wahnideen bei Männern oft mit Pflichterfüllung, Arbeit, Erfolg und dem gesellschaftlichen Status zu tun. Bei Frauen hingegen hängen Wahnideen meist mit Herzensangelegenheiten zusammen: Verlust von Liebe, eingebildet oder echt; unerwiderte Liebe; Täuschung; Betrug etc. So ist es zum Beispiel in der Regel die Frau, die zu ihrem Ehemann sagt: „Du hast heute meinen Geburtstag vergessen.“ Für ihn ist das kein besonderes Ereignis und daher eins, das er sehr wahrscheinlich vergisst. Viele unserer Wahnideen entspringen unrealistischen und übertriebenen Erwartungen. Wahnideen entstehen dadurch, dass wir Dinge erstreben, die unerreichbar sind, Schwierigkeiten unterschätzen, ungerechtfertigt optimistisch oder übermäßig ängstlich, eifersüchtig, gierig, egoistisch etc. sind.
Unter all den Wahnideen, die der Patient hat, ist eine, die den ganzen Prozess in Bewegung gesetzt hat: die zentrale Wahnidee (core delusion = CD) – die primäre, archaische oder ursprüngliche Wahnidee. Die CD ist die Quelle aller nachfolgenden Wahnideen oder fixen Ideen, die dadurch entstehen, dass der Patient keine angemessene Unterstützung oder Therapie erhält. Die CD ist das Zentrum oder der Kern, der Anfang der Geschichte des Patienten, und sie zeigt das Mittel an, das er braucht! Daher ist die Enthüllung der CD ein wichtiger Schritt, nicht nur um den springenden Punkt bei dem Leiden des Patienten zu formulieren und zu verstehen, sondern auch, um die ähnliche Arznei zu finden, die ihn von den Ketten seiner zentralen fixen Idee befreien wird. Daneben hilft die CD dem Homöopathen, am Ende der Konsultation zwischen zwei oder drei Mitteln zu differenzieren. Bei der korrekten Interpretation der CD müssen die sekundären Wahnideen und deren Kompensationen mit den Prüfungen der Arznei abgeglichen werden. Prüfungen sind der einzige Standard, den wir in der Homöopathie anwenden, um Wahrheit und Fiktion voneinander zu trennen. (Ich beziehe mich in der Regel auf die Prüfungen von Hahnemann, Hering und T. F. Allen.) Bei der Betrachtung der Totalität der Symptome kann die CD nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden (siehe die Paragraphen 5 und 7). Die CD bringt das wichtigste Charakteristikum der Totalität des Patienten zum Ausdruck. Dies hat mich auf eine andere Definition für die CD gebracht: Die CD ist das emotionale oder spirituelle Zentrum, umgeben von einer Gruppe von Bildern oder Ideen, welche die Kompensationen des Patienten sind.
Wie sollen wir die CD weiter definieren? Wie können wir sie identifizieren?
Die CD ist die Ausdrucksform der dominierenden, herrschenden Emotion. Sie bestimmt die Handlungen, Gedanken und Pläne des Patienten, wobei sie sekundäre Wahnideen erzeugt. So hat beispielsweise Lachesis die CD, dass er von seiner Umgebung verletzt wird; dass ihm Unrecht getan wird. Ist diese Situation dauerhaft (wie es per definitionem bei einer Wahnidee der Fall ist), entstehen unausweichlich sekundäre Wahnideen wie: er wird in eine Irrenanstalt geschickt und er wird mit Medikamenten vergiftet. Diese sind Erscheinungsformen eines paranoiden Wahnzustandes und Hinweis auf eine sich weiter entwickelnde Pathologie, die oft mit Schizophrenie endet. Somit haben alle Kompensationen und sekundären Wahnideen ihren Ursprung in der CD. So kann zum Beispiel eine Patientin, die Lachesis braucht, geschwätzig und religiös fixiert sein, meditieren und eine gesteigerte sexuelle Aktivität zeigen. Es besteht für jeden Menschen die zwingende Notwendigkeit (da wir alle eine CD haben), Kompensationen zu entwickeln; diese können als Verteidigungsmechanismen betrachtet werden, die darauf abzielen, vor einer negativen CD zu fliehen oder eine positive CD zu verstärken. Der Patient entwickelt vielleicht eine große Zahl von Kompensationen, um seinem Schicksal zu entgehen, aber schließlich wird er sich doch an einem bestimmten Zeitpunkt in seinem Leben seiner CD stellen müssen. Selbst eine „gute“ Wahnidee wie Schlechtigkeit und Minderwertigkeit der anderen, während er großartig ist (Platinum, Staphysagria), ist offensichtlich schlecht für die Person, da sie Größenwahn widerspiegelt und das eigene Wachstum behindert. Bestehen „positive“ psorische Kompensationen, wird ihre Intensität mit der Zeit exzessiv zunehmen (Sykose) und sich schließlich für andere und das eigene Selbst zerstörerisch auswirken (syphilitisch oder luetisch).
Die fünf Warums: Die Bestätigung der zentralen Wahnidee
Wir müssen versuchen, die folgende Frage zu beantworten: Wie finden wir die Erscheinungsform oder Kompensation, die der CD am nächsten kommt oder noch besser diese direkt zum Ausdruck bringt? Wie vermeiden wir, auf der Grundlage von Kompensationen (der Persona oder Maske) zu verschreiben, die weit von der CD entfernt sind? Sobald wir die CD oder eine nahestehende Kompensation herausgefunden haben oder glauben, sie gefunden zu haben, ist es wichtig sicherzugehen, dass es sich tatsächlich um die grundlegende oder primäre Wahnidee handelt; dies können wir, indem wir, sofern möglich, noch ein WARUM mehr fragen.
Auf einer Konferenz hörte eine meiner Studentinnen den Vorschlag des Redners, dass man sich in jeder verhaltensbedingten Situation fünfmal „warum“ fragen und dabei jedes Mal von der vorherigen Antwort ausgehen sollte. Beim fünften „Warum“ wird ein Hinweis auf den dem Gefühl oder der Situation zugrundeliegenden emotionalen Zustand zum Vorschein kommen. Auch wenn es willkürlich erscheinen mag, gerade fünfmal „warum“ zu fragen, so wird doch zumindest durch die Konzentration auf die Zahl Fünf verhindert, dass der Homöopath bei der Konsultation zu früh mit der Befragung seines Patienten aufhört. Hat die Patientin beispielsweise beschlossen, zu einem Ex-Freund zurückzukehren, mag sich dies zuerst nach Versöhnung anhören, was ein positiver Schritt wäre und beim Auffinden des Simillimum keine Berücksichtigung finden würde. Bei der weiteren Befragung findet der Homöopath allerdings heraus, dass die Patientin nicht aus dem Grund zurückkehrte, weil sie die Trennung für einen Fehler hielt oder ihren Freund immer noch liebte; der wahre Grund dafür, dass die Patientin zurückgehen wollte, war, dass sie sich einsam fühlte und nach Aufmerksamkeit sehnte (möglicherweise ein Hinweis auf Pulsatilla). Vielleicht war die Motivation aber auch Rache: zurückzukehren, um die Beziehung selbst zu beenden, sozusagen „das letzte Wort“ zu haben (eine klassische Reaktion von Aurum). Oder nehmen wir an, dass jemand auf die höhere Schule möchte; nicht, weil er durch Bildung in seinem Leben weiterkommen möchte, sondern einfach, um Respekt und Liebe von seiner Familie zu bekommen, wonach er sich so sehr sehnt. Hier wird die Wahnidee Ich werde nicht geliebt nach einen weiteren „Warum“ vielleicht zu der Wahnidee Ich bin wertlos, die wiederum in die Wahnidee Ich habe nie Erfolg umgewandelt wird (Aurum muriaticum natronatum, Argentum nitricum, Anacardium, Barium carbonicum). Ist die Antwort auf das nächste „Warum“: „Weil alle mich kritisieren“, haben wir die Wahnidee kritisiert; diese fixe Idee ist für die oben genannten Mittel alles andere als typisch. Stellen Sie dann die Frage: „Was fühlen Sie dabei?“, um die beherrschende Emotion und damit die CD herauszufinden, antwortet der Patient vielleicht: „Ich fühle mich wie ein Krüppel und kann überhaupt keine Entscheidungen treffen.“ Diese Behauptung kann in die folgende Wahnidee übersetzt werden: geht auf den Knien; die Beine sind abgeschnitten. Und diese Antwort würde die Verschreibung von Barium carbonicum bestätigen. Kann an dieser Stelle keine weitere Warum-Frage gestellt werden, können wir sicher davon ausgehen, dass wir bei der CD des Patienten angekommen sind, die zu Barium carbonicum gehört.
Auch wenn dieser Mensch glaubt, dass ihm ein Abschluss den Weg zu einem größeren Selbstwertgefühl ebnen wird, weiß er nicht, dass er seine Wahnidee, nicht geliebt zu werden, einfach nur ins Unbewusste verschoben hat, wo sie auf die nächste Gelegenheit wartet, um wieder aufzutauchen.
Stellen wir nicht genügend Warum-Fragen, zeigt uns der Patient nur Kompensationen, die weit von seiner CD entfernt sind. Dann verschreiben wir eher für die Maske, die von all diesen Kompensationen gebildet wird, und nicht für die Schattenseite. Dies führt zu der Wahl eines Simile, denn:
Die Maske ist das Simile; die Schattenseite ist das Simillimum!
Ein altes chinesisches Sprichwort besagt dasselbe:
Konfuzius sagt: Zur Wurzel [CD] zurückzukehren, heißt, die Bedeutung herauszufinden, aber dem Schein [den Kompensationen] zu folgen, heißt, den Ursprung zu verpassen!
Nehmen wir zum Beispiel einen Patienten, der sagt: „Ich bin wertlos.“ Bei der ersten Betrachtung handelt es sich um ein Paragraph 153-Symptom, das zum Auffinden des Simillimum herangezogen werden kann. An dieser Stelle denkt der Homöopath vielleicht an Mittel wie Anacardium, Aurum, Lac caninum und Thuja. Wir müssen aber trotzdem fragen. „Warum empfinden Sie das so?“, um ein Paragraph 153-Symptom zu finden, das die Schattenseite oder CD noch genauer beschreibt. Dies hilft uns bei der Differenzialdiagnose zwischen den oben genanten Arzneien. Der Patient antwortet vielleicht: „ Weil ich mit nichts Erfolg habe“ (Wahnideen: er macht alles falsch; er kann keinen Erfolg haben – siehe Anacardium, Argentum nitricum, Aurum, Barium carbonicum). Wenn wir hier aufhören, sieht es so aus, als würden Aurum und Anacardium das Rennen machen, da sie beide Male vertreten sind. Auf das nächste „Warum“ antwortet der Patient möglicherweise: „Weil ich verwirrt bin, denn es sind zwei gegensätzliche Kräfte am Werk, und ich kann mich zu keiner Entscheidung durchringen. Manchmal gerate ich wegen meiner Entscheidungen in Schwierigkeiten. Es ist so, als wären in mir zwei Personen mit zwei verschiedenen Meinungen. Eine Stimme sagt mir, dass ich meine Arbeit schnell erledigen soll, sogar auf unehrliche Weise, da es mir so mehr Profit einbringen wird. Gleichzeitig sagt mir die andere Stimme, ich nehme an, es ist mein Gewissen, dass ich ehrlich sein und lieber den Menschen dienen als sie ausnutzen soll. Und ich weiß wirklich nie, wer gewinnen wird: mein Gewissen oder die unehrliche Stimme.“
Nun haben wir schließlich die CD erreicht – den springenden Punkt im Leiden des Patienten. Er leidet an der Wahnidee, dass ein Teufel in das eine Ohr spricht und zum Morden auffordert, und ein Engel in das andere Ohr spricht und zu Taten der Güte auffordert. Dieses Symptom gehört zu Anacardium und entsteht oft infolge von Beschwerden durch Unterdrückung in der Kindheit.
Lachesis: Ein zu wenig verschriebenes Mittel
Das Polychrest Lachesis gehört zu den Mitteln, die mit Abstand viel zu wenig verschrieben werden. Wie kommt das? Weil Lachesis anderen Arzneien wie Phosphorus, Sulphur, Staphysagria, und natürlich seinem Zwillingsbruder Lycopodium (dem Akutmittel von Lachesis) sehr ähnelt. Fehlen einem Patienten, der Lachesis braucht, einige der charakteristischsten körperlichen Symptome von Lachesis (z. B. kardiovaskuläre Symptome, Halsprobleme, Unverträglichkeit von einschnürender Kleidung und Besserung der Symptome durch Absonderungen), kann der Homöopath Schwierigkeiten haben, dieses Mittel auf der mentalen und emotionalen Ebene zu erkennen.
Essenz und zentrale Wahnidee
Die Essenz von Lachesis ist die Mahnung oder Warnung vor einem ungelebten Leben, oder wie Edward C. Whitmont in seinem Buch Psyche and Substance schreibt, „die Strafe für ein ungelebtes Leben“ (Whitmont 1991, S. 151). Dies sollte uns sofort eine Warnung sein, dass eine solche Situation möglicherweise Krebs verursachen kann. Der „Carcinosinum-Zustand“ spiegelt genau dasselbe Thema wider: andere das eigene Leben leben zu lassen und über keine Grenzen zu verfügen, um dies zu verhindern. Das Auftreten von Krebs ist die allerletzte Aufforderung, endlich damit anzufangen, das eigene Leben zu leben! Im Fall von Lachesis überrascht es uns nicht, dass der Krebs in den Ovarien und Geschlechtsorganen auftritt, da diese das Zentrum einer verdrängten Libido und sexueller Bedürfnisse darstellen. Neben der physischen Pathologie beinhaltet die Buße für ein ungelebtes Leben oft eine Reihe von Neurosen, Bitterkeit und geistigen Verfall. Bei Lachesis kommt es zu einer Überstimulation auf allen Ebenen, die nach einem Ventil verlangt; daher sollte es uns nicht überraschen, wenn wir in der primären Phase Ruhelosigkeit, Erwartungsspannung und Überempfindlichkeit (leicht beleidigt; empfindlich gegenüber Kritik) finden. Es folgen oft Melancholie und Depression. Da Lachesis unfähig ist, die Triebe von Egoismus und Eifersucht zu entfernen, kann er auch keinen Frieden im Garten seines Herzens kultivieren. Es überrascht nicht, dass sich äußerlich ebenfalls kein Frieden einstellt.
Was ist die zentrale Wahnidee (CD) von Lachesis? Sie wird von ihrer Umgebung verletzt, sie wird verletzt und es wird ihr Unrecht getan. Daraus resultieren Misstrauen (voll Misstrauen) und das oben erwähnte Symptomtrio (Erwartungsspannung, Ruhelosigkeit, und Melancholie). Andere Wahnideen, die denselben Gedanken wie die CD ausdrücken, sind: er wird verfolgt; er wird von Feinden verfolgt; und er ist vergiftet worden. In den Prüfungen findet sich: Er bildet sich ein, dass er von Feinden verfolgt wird, die ihm Schaden zufügen wollen, es sind Einbrecher im Haus und er will aus dem Fenster springen. Die letztgenannten Wahnideen entwickeln sich häufig, nachdem die primäre Wahnidee schon ihren Lauf genommen hat; sie sind demnach Teil einer fortgeschrittenen mental-emotionalen Pathologie, die Lachesis zu einem der am häufigsten benötigten Mittel für alle möglichen Formen von Schizophrenie macht.
Im Hinblick auf die Bewusstseinstypen nach Jung (siehe Kapitel 10) ist Lachesis meistens der extravertierte, denkende, intuitive Typus. In Abhängigkeit von den Umständen und dem Einfluss auslösender Faktoren (insbesondere Beschwerden durch enttäuschte Liebe), kann das Extravertierte leicht ins Introvertierte umschlagen, da Lachesis von der Geschwätzigkeit in die Einsilbigkeit fallen kann. Nun greifen wir unserer Geschichte aber voraus, da Lachesis genug positive Werkzeuge hat, um sich zumindest anfangs vor ihrer CD zu schützen. Die Frage ist, ob diese Hilfsmittel oder Kompensationen psorisch oder überwiegend sykotisch sind. Wir wollen zuerst eine andere Frage beantworten: Wie kam es überhaupt dazu, dass Lachesis in dieser „quälenden“ Situation landete?
Lachesis und seine „Beschwerden durch“
Es besteht kein Zweifel, dass Beschwerden durch Kummer und enttäuschte Liebe eine große Rolle in der Pathologie von Lachesis spielen (chronische Beschwerden nach langdauerndem Kummer oder Sorgen). Lachesis IST ein „überlegenes“, denkendes menschliches Wesen, genau wie Aurum, Carcinosinum, Sulphur, China und Lyopodium, aber natürlich sind ihre Reaktionen auf Kummer vollkommen verschieden von jenen der anderen Mittel. Die genannten „überlegenen“ Mittel haben ein ausgeprägtes Ego und großen Ehrgeiz, ebenso wie mannigfaltige Ausprägungen von Größenwahn; Lachesis ist dabei ein sehr leidenschaftlicher Mensch, der sich über den „Konkurrenzkampf“ mit anderen Frauen aufregt, sei es in Liebesangelegenheiten oder im Beruf. Diese Eifersucht wird schlimmer, je näher der Zeitpunkt der Menopause rückt (wodurch die Besserung durch Absonderungen von Lachesis bestätigt wird). Dieser Zeitraum ist sehr gefährlich, wenn die Lachesis-Schicht nicht vorher korrigiert wird. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gehört Lachesis zum Feuer-Herz-Element, das nicht ohne Leidenschaft leben kann und eine Form von Loyalität vom Partner fordert, die oft schon an Dummheit grenzt. Wo es Kummer und enttäuschte Liebe gab, ist Ärger nie weit entfernt. Die Lachesis-Frau findet unter ihren Freundinnen solche, die von ihren Ehemännern „verwöhnt“ werden („er schneidet mir die Nägel“, „er fragt mich immer, ob er noch etwas für mich tun kann“ etc.), und sie wird diese Beispiele heranziehen, um zu bewerten, wie sehr ihr eigener Ehemann sie liebt und sich um sie kümmert (nach Jung Wahnideen, die als versteckte Hinweise dienen[1]).
Wir erkennen die Intensität von Lachesis auf der emotionalen Ebene. Es gibt keinen Mittelweg, nur das Extreme, wie beim olympischen Feuer, das immerfort voller Verlangen brennt! Die Flammen dieses Feuers brauchen wirklich nur wenig Zunder, um außer Kontrolle zu geraten; genährt durch lächerliche und unwiderstehliche Eifersucht können sie zu Hysterie, Zwängen und allen möglichen Arten von unerwarteten, impulsiven Handlungen führen, die Lachesis Ansicht nach aber völlig gerechtfertigt sind. Lachesis ist oft ein Beispiel für einen Menschen, der teilweise von seinem Unterbewusstsein überwältigt wird. Dieser Zustand kann zuerst vorübergehend sein, wenn es sich um eine Angelegenheit emotionaler Erregung handelt. Aber in einem Zustand heftiger Emotionen (lächerliche Eifersucht) sagt oder tut sie völlig unangemessene Dinge, die sie hinterher bedauert, wenn sich die Vernunft zum Teil wieder eingestellt hat. Selbst der normalste Mensch ist nicht vor dieser Gefahr gefeit, aber Lachesis kann solche Ausbrüche in ungeahnte Höhen treiben. Und es ist nicht viel dazu nötig: Enttäuschte Liebe, Kummer, Eifersucht oder Hass auf ihre Rivalinnen reicht oft schon aus, damit das Ego die Kontrolle verliert und das Unbewusste zeitweise die Oberhand gewinnt. Lachesis ist ein von Grund auf „wortgewandter“ Anwalt: Man kann keinen Streit mit Lachesis gewinnen! Auf alle anderen wirkt sie so erstickend wie eine Boa constrictor, und sie erscheint absolut lächerlich, da ihre Eifersucht oft keine reale Grundlage hat, außer in ihrer Einbildung.
Ein perfektes Beispiel für derartig lächerliche Eifersucht ist das Folgende:
Ich werfe meinem Freund andauernd vor, dass er andere Frauen anschaut, und dass er an andere Frauen denkt, während wir miteinander schlafen. Vor Kurzem habe ich ihm einen Gutschein über eine Massage geschenkt, aber ich wollte mit im Raum sein, um alles zu beobachten, was sich dort abspielte. Als ich herausfand, dass ich nicht im selben Zimmer sein konnte, sagte ich den Termin ab. Als er über seinen schlimmen Rücken klagte, machte ich doch wieder einen Termin für die Massage aus. Nach der Massage schrie ich ihn an, weil ihn die Hände einer Frau am ganzen Körper berührt hatten. Ich denke daran, ihn zu verlassen, weil er von einer anderen „beschmutzt“ wurde. (Dieses Beispiel stammt aus dem New Mexican, Annies Mailbox, 30. August 2005).
Natürlich riet die Zeitungs-Kolumnistin, dass diese Person eine Beratungsstelle aufsuchen sollte. Die Allopathie verfügt über kein einziges Medikament, um Eifersucht zu behandeln, während die Homöopathie mindestens 50 hat!
Die Kompensationen von Lachesis
Wie kompensiert ein Mensch all die Ereignisse (Kummer, enttäuschte Liebe, Ärger und schreckliche Dinge ergreifen sie tief), die zu der CD von Lachesis führen können? Lachesis hat ein starkes Ego; damit lassen sich sowohl die Reaktionen und Kompensationen des Patienten als auch der Ursprung der CD erklären. In Sachen Hochmut und Stolz steht Lachesis nicht weit hinter Platinum und Lycopodium, den arrogantesten Menschen überhaupt. Interessanterweise hat Lachesis dieselben NGS-Faktoren wie Platinum und Lycopodium: Ärger, Demütigung und Enttäuschung. Jedoch reagieren alle drei Mittel sehr unterschiedlich auf eine derartige Verletzung ihres Ego. Je nachdem, in welchem Stadium sie sich befindet, wählt Platinum eines ihrer extremen Ventile (z. B. Sex, Religion) und verfolgt ihren Weg auf diese Weise. Lycopodium geht oft seinem Machtstreben weiter nach und versucht, durch Verachtung, Zynismus, harte Arbeit (Wahnidee, er vernachlässigt seine Pflicht) und falsche Arroganz an der Spitze der sozialen Leiter zu bleiben, wobei er ein beinahe diktatorisches Verhalten an den Tag legt (diktatorisch, spricht im Befehlston); bei Männern fehlt es an Sinnlichkeit (3). Lachesis und Lycopodium sind beides „denkende“ Mittel, aber typischerweise kommt Lachesis mehr bei Frauen zum Einsatz. Lachesis möchte v. a. in Beziehungen Erfolg haben; beruflicher Erfolg steht erst an zweiter Stelle. Lycopodium wird mehr bei Männern angewendet und sieht eine erfolgreiche Karriere als das Wichtigste an, genau wie Nux vomica und Sulphur. Lachesis misst ihrem Beruf nur in Ermangelung anderer Möglichkeiten die größte Bedeutung bei (z. B. wenn sie sexuell frustriert ist und ihr Ehemann der Intensität ihrer besitzergreifenden Liebe nicht standhalten kann). So ist es bei Lachesis mehr Einbildung als Realität, dass sie nicht geliebt wird, und ihre Eifersucht raubt ihr die Fähigkeit, ihre Maske in der Beziehung aufrechtzuerhalten.
Die Wahnideen der genannten Arzneien nehmen also unterschiedliche Formen an. Lachesis gehört dem Feuer-Element an und neigt zu mehr hysterischen „Herz-Liebe“-Wahnideen, Ausdrucksformen einer starken Anima; die Schlange ist das Symbol der menschlichen Anima (Wahnideen: sie ist schön; sie wird einen Herzanfall haben). Lycopodium gehört zum Holz-Leber-Element und hat mehr Wahnideen im Hinblick auf seine gesellschaftliche Stellung, sein Image und seinen beruflichen Erfolg – hier ist der Animus bzw. das Schwert aktiv (Wahnideen: er hat seine Pflicht vernachlässigt; er ist anmaßend; er hat Pech; und die CD: alles wird verschwinden).
Platinum und Lycopodium werden schließlich zur „Königin“ bzw. zum falschen „Guru“ (ein wahrer Guru dient den Menschen und verlangt nicht, dass andere ihm dienen). Lachesis ist eine gequälte Seele in dem Sinne, dass sie nicht versteht, warum ihre oft lächerliche und außer Kontrolle geratene Leidenschaft nicht mit einer ebenbürtigen „Liebesbezeugung“ erwidert wird. Lachesis und Platinum sind beides „spirituelle“ Mittel; daher handeln und reden sie so, als stünden sie unter übermenschlicher Kontrolle. Platinum ist ein wenig härter, sogar ein wenig grober in ihren Handlungen als Lachesis, die sehr viel leichter „durch Mesmerismus“ beeinflusst werden kann: sie glaubt, dass sie jemand anders ist und sich in den Händen einer stärkeren Macht befindet; sie verhält sich so, als wäre sie verhext und könnte den Bann nicht brechen. Somit wird Lachesis eher einem Kult oder einer Gruppierung beitreten als eine Führernatur wie Lycopodium und Platinum.
Zur Unterstützung ihres Ego besitzt Lachesis etwas, was ihr eine gewisse Überlegenheit gegenüber Platinum und Lycopodium verleiht: ihre Geschwätzigkeit! Lycopodium spricht in einer mehr diktatorischen Art mit seinen Untergebenen (bis hin zum Beschimpfen und Beleidigen von Untergebenen; oft mit Ärger durch Widerspruch). Dies lässt auch an Nux vomica denken, das wie Lycopodium für seinen Ehrgeiz alle nur erdenklichen Mittel einsetzt (auch Platinum!). Gleichzeitig redet Lycopodium ganz anders in Gegenwart seines Vorgesetzten: er ist ein Schmeichler, weil er weiß, dass er sich mit seinem Chef gut stellen muss, damit er die begehrte Machtstellung bekommt. Platinum kann geschwätzig, ausfallend und beleidigend sein, besonders als Kind gegenüber den Eltern (Lycopodium). Sie kann ein Aufschneider und Angeber sein und verschwendet ihr Geld mit Prahlerei (Veratrum album). Dies ist ein Teil der „Schönheit“ von Platinum, die eher einer eiskalten Schneekönigin gleicht als einem warmherzigen, mitfühlenden Menschen. Im tieferen pathologischen Stadium (luetische Phase) hat Platinum das Verlangen zu schweigen und keine Lust zu reden.
Lachesis redet auf unterschiedliche Art und Weise, je nachdem in welchem Stadium ihrer Pathologie sie sich befindet. Im ausgeglichenen Zustand ist sie eine geistreiche und brillante Gesprächspartnerin. Sie hat ein rasches Auffassungsvermögen und ist geistig sehr aktiv mit einer beinahe prophetischen Wahrnehmung. Lachesis unterbricht Sie mitten im Satz, weil sie den Rest schon kennt, und was für Sie noch unangenehmer ist, sie weiß bereits die Frage, bevor Sie sie überhaupt gestellt haben. Lachesis hat Gedankenfülle, und sobald ein Gedanke aufkommt, folgen eine Reihe anderer schnell aufeinander. Sie ist aktiv, lebendig und munter. Gewöhnlich spiegelt ihre Sprache all das wider: will die ganze Zeit reden; Neigung zu Gesprächen; lebhafte Einbildungskraft und außerordentlich ungeduldig bei zähen und trockenen Angelegenheiten (sie mag keinen Small Talk!). Sie ist unglaublich geschwätzig, hält Reden in sehr gewählten Formulierungen, springt aber zwischen den unterschiedlichsten Themen hin und her. Ein einziges Wort führt mitten in eine andere Geschichte. Diese außergewöhnliche Redseligkeit ist durch einen schnellen Themenwechsel charakterisiert; sie springt abrupt von einem Gedanken zum nächsten (wohingegen Platinum eine abschweifende Sprache hat; wiederholt dieselben Dinge). Lachesis redet, singt oder pfeift ununterbrochen. Entsprechend ihrer Schlangennatur benutzt sie ihre Zunge, um auf sehr kultivierte, aber zynische und kritische Weise zu verletzen. Lachesis verletzt mit einem Wort und hat dabei ein Lächeln im Gesicht. Für Lachesis ist Reden die Therapie, die ihre CD beschwichtigt.
Diese Geschwätzigkeit ist absolut sykotischer Natur und zeigt dem Homöopathen klar an, dass Lachesis ein sehr sykotisches Mittel ist, weniger ein psorisches – im Gegensatz zu Calcium carbonicum, einer stark psorischen Arznei und einem Menschen, der sich gerne über all die Kleinigkeiten auslässt, an denen er leidet, aber nie wortgewandt redet. (Sollte Calcium carbonicum jemals durch Geschwätzigkeit auffallen, muss er erst einmal lange über die Dinge nachgrübeln, bevor er mit seinem Gerede über all seine Wehwehchen zu einer wahren Plage werden kann.) Jede Kompensation von Lachesis ist übertrieben und weist eine Intensität auf, die der sanguinischen Natur dieser Arznei entspricht. Zumindest anfangs, bei der noch relativ stabilen Lachesis, ist die Geschwätzigkeit ein eher positives Ventil, das ihr gute Dienste leisten kann - als Anwältin, Politikerin, Lehrerin oder Predigerin!
„Redseligkeit“ kommt auch in Briefen oder Emails zum Ausdruck! Wenn Sie als Homöopath immer lange Antworten auf Ihre Follow-up-Fragen bekommen, die sich stets um „kleine“ Beschwerden drehen, welche aber sehr detailliert und immer sehr dringlich, inständig bittend und auf sich selbst zentriert dargestellt werden, kann man das durchaus als Geschwätzigkeit bezeichnen! Diese Botschaften sind Anklagen, die Schlag auf Schlag gegen den Homöopathen abgefeuert werden; es lässt an eine Arsenicum-Persönlichkeit denken, die von Erwartungsangst und Ruhelosigkeit völlig eingenommen ist! Eine aus dem Gleichgewicht geratene Lachesis leidet wirklich an der Wahnidee, dass sie dem Untergang geweiht ist, und in ihrer Panik verliert sie schnell jegliche Vernunft.
Wie kann Lachesis ihrer CD sonst noch entkommen? Entsprechend ihrem hochmütigen und stolzen Charakter (Lachesis ist zweiwertig; Lycopodium und Platinum sind dreiwertig) glaubt Lachesis, dass sie mit mächtigem Menschen in Kontakt steht (Wahnidee, sie stehe unter einem mächtigen Einfluss). Außerdem kann sie der Meinung sein, dass sie eine besondere Verbindung zu Gott hat: Religion wird zu einem weiteren Ventil für diese gequälte Seele. Sie sucht Sicherheit, indem sie mit Leuten in hochrangigen Positionen kommuniziert (z. B. Briefe an den Präsidenten der Vereinigten Staaten schreibt). Dies ähnelt Veratrum album, der glaubt, dass er von den berühmtesten Menschen empfangen werden sollte, um seine gesellschaftliche Stellung zu verbessern. Wie gewöhnlich finden wir häufig eine religiöse Kompensation, wenn das sexuelle Ventil unterdrückt oder nicht möglich ist, z. B. in der Pubertät (Kalium bromatum, Platinum, Lilium tigrinum, Lycopodium, Veratrum album).
Die Intensität der religiösen Kompensation von Lachesis entspricht der sexuellen und ist gleichermaßen sykotischer (übertriebener) Natur (religiöse Monomanie und sogar Furcht vor Verdammnis). Ist ein weiblicher Teenager in einem streng religiösen Milieu aufgewachsen, wo das Thema Sex tabu war, fängt sie mit religiösen Kompensationen an, sobald die Sexualität erwacht. Diese Teenager gehen vielleicht sogar auf die Straße, um vor allen Leuten über das Ende der Welt zu predigen (Veratrum album). Männliche Teenager suchen eher nach Nervenkitzeln und legen gefährliche Verhaltensweisen an den Tag. Auch hier kann sich das Extreme in das Gegenteil verwandeln: Wir finden strenge Atheisten unter den Lachesis-Menschen (d. h. Lachesis-Patienten sind fanatisch). Die Glaubensvorstellungen von Lachesis haben immer eine zwanghafte Komponente: Sie sind völlig davon überzeugt und weisen alle anderen Meinungen zurück.
Eine „positive“ Kompensationsmöglichkeit für Lachesis ist das sexuelle Ventil. Steht es zur Verfügung, ist also nicht durch die familiären Sitten unterdrückt (es besteht ein großer Unterschied, ob man in einer Marihuana-rauchenden Umgebung der 60er Jahre oder in einer streng religiösen Familie aufgewachsen ist!), nimmt es ebenfalls extreme Ausmaße an. Der Mann wird entweder zu einem Don Juan (hochgradige Erregung des sexuellen Verlangens) oder ist weitaus häufiger derartig auf seine Partnerin fixiert, dass er sexuell genauso fordernd wird wie ein Lycopodium-Mann und seine Frau damit leicht in einen Staphysagria- oder Sepia-Zustand treibt. Dies führt schnell zu einem negativen Kreislauf: Lächerliche Eifersucht verwandelt diese leidenschaftliche Person in einen Mann, der normalerweise Herr über all seine Handlungen ist, die Beherrschung nun aber beim kleinsten emotionalen Aufruhr verliert. Es ist ein perfektes Beispiel für den „denkenden“ Lachesis, der in Schwierigkeiten gerät, sobald die untergeordnete, primitivere „fühlende“ Seite die Oberhand gewinnt. Dieses überlegene, denkende Individuum sieht sich nun Situationen ausgesetzt, mit denen er nicht umgehen kann, was sich in sehr albernem Verhalten und allen möglichen Arten von eifersüchtigen Reaktionen äußert: Eifersucht mit Zorn, Eifersucht, bei der er Dinge sagt und tut, die er normalerweise nie machen würde; und ein sanftmütiger Ehemann wird aus Eifersucht brutal. Um diese überaus schmerzhaften Gefühle zu dämpfen, schreckt Lachesis auf dem negativen Pfad nicht vor Alkohol zurück (auch nicht vor einem ausschweifenden Lebenswandel), den er sehr gut verträgt und der seine Eifersucht und sein Misstrauen noch mehr schürt. Wir dürfen nicht vergessen, dass Lachesis DAS Mittel für erblichen familiären Alkoholismus ist!
Die weibliche Lachesis sucht möglicherweise an genau den falschen Orten nach Liebe (wie Platinum), wobei sie noch einen Schritt weiter geht. Sie zögert nicht, sich zu prostituieren, aus der naiven Überzeugung heraus (denken Sie daran, die „fühlende Funktion“ IST primitiv), dass sie in diesem Umfeld Liebe und Romantik finden wird. Wenn sich der Lachesis-Zustand verschlimmert, weil der Menstrualfluss oder andere Absonderungen versiegen (z. B. in der Menopause, die für sie oft ein Zeichen für das Ende ihrer Weiblichkeit darstellt), kann das Gefühl, mit jüngeren Frauen konkurrieren zu müssen, mit der Macht eines Vulkans ausbrechen. Gibt es eine jüngere Rivalin, stellen sich Gedanken ein, diese Person zu töten, und selbst Mord ist keine Seltenheit!
Abdriften auf den negativen Pfad
Der negative Pfad führt unmittelbar zu Ängsten (einer negativen sykotischen Reaktion), die eine direkte Folge der CD sind und diese auf das Heftigste anfachen. Neben der Furcht vor Verdammnis und dem Glauben, dem Untergang geweiht und nicht in der Lage zu sein, ihrem Schicksal zu entfliehen, haben sie große Angst vor Einbrechern, Wasser und vor dem Schlafengehen (da dies ihren Zustand immer verschlimmert). Er fürchtet, im Schlaf an einem Herzanfall zu sterben; Angst in Bezug auf sein Herz. Der Lachesis-Patient erlebt selten einen erfrischenden Schlaf, da dieser ruhelos mit vielen Träumen und häufigem Erwachen und Wiedereindösen ist. Ein weiterer Aspekt ihrer Angst vor Schlaf ist darin begründet, dass sich das Unbewusste im Schlaf jeglicher Kontrolle entzieht und dass sich kompensatorische Rache in Träumen ausleben kann. Andere Lachesis-Ängste sind Furcht, dass Menschen hinter ihr gehen, Furcht vor Schlangen, Furcht zu ersticken (Rollkragen werden nicht ertragen); Furcht vor engen Plätzen, Aufzügen, Schwimmen unter Wasser, aber ganz besonders vor einer unheilbaren Krankheit wie Krebs; Furcht vor Cholera; Wadenkrämpfe aus Furcht mit Übelkeit, und Schweregefühl im Abdomen. In ihrem paranoiden, zerbrechlichen Zustand beginnt Lachesis zu fürchten, dass sie verrückt wird, und zwar schon lange, bevor sie tatsächlich „ihren Verstand verliert“.
Lachesis ist ein Hauptmittel für Herz-Kreislauferkrankungen (Schlaganfälle und Herzinfarkte). Sie empfindet oft zusammenschnürende Schmerzen, beklemmende Brustschmerzen und Herzklopfen mit Taubheit im Arm, gebessert durch Aufsitzen. Bei Anfällen von Eifersucht kommt es häufig zu Herzsymptomen und Ohnmacht: Nach einem Streit aus Eifersucht (Hysterie) drückte sie beide Hände auf die Brust und schrie: „Oh, mein Herz!“, dann fiel sie zu Boden und blieb 24 Stunden lang in einem [scheintoten] Zustand; der Puls war nicht zu fühlen und die Atmung kaum wahrnehmbar. Rührt die Schlaflosigkeit nicht von der Angst vor einem Herzanfall her, dann tritt sie nach häuslichem Zwist (Beziehungsproblemen) auf mit Erwachen durch schreckliche Träume.
Mit weiterem Fortschreiten auf dem negativen Pfad wird die Eifersucht allumfassend. Eifersucht (eine Mischung aus Egoismus, Mangel an wahrer Liebe, besitzergreifender Liebe und Misstrauen) beeinträchtigt die „denkende“ Funktion eines Lachesis-Menschen, da die niedrigere „fühlende“ Funktion nun die Herrschaft übernimmt. Die höherstehende, denkende Person ist zu einem untergeordneten, fühlenden Menschen geworden. Vorher war sie geistreich mit einem herausragenden Gedächtnis, nun ist ihr Geist verwirrt und abschweifend; es besteht sogar hochgradige Trübung des Geistes mit körperlicher Schwäche. Ergreifen sekundäre Wahnideen Besitz von ihrem Geist, sieht sie sich in Versuchung, Selbstmord zu begehen. Jeder in ihrer Umgebung wird verdächtig. Hyoscyamus hat die Wahnidee, dass er verkauft wird, und dass sich ein Liebhaber hinter dem Ofen versteckt. Lachesis hat auch das Gefühl, dass sie von jemand anderem ersetzt werden soll, natürlich von jemandem, der jünger und schöner ist als sie. Selbst freundliche Gesten erscheinen ihr wie Drohungen. Ihr Ehemann möchte ihr eine Arznei gegen ihre klopfenden Kopfschmerzen geben, was aber sofort zu den folgenden Wahnideen führt: die Medizin ist Gift (Hyoscyamus), und sie soll vergiftet werden. Und sollte ihr Mann sie nicht vergiften, plant er bestimmt, sie in eine Irrenanstalt zu schicken (Wahnidee, wird in eine Irrenanstalt geschickt). An dieser Stelle kann man leicht erkennen, dass Lachesis den Kreis nun vollendet hat und zu ihrer CD zurückkehrt.
Es wird deutlich, dass der Lachesis-Mensch in großer Gefahr steht, die Grenze zwischen Neurose (Hysterie) einerseits und Psychose und Schizophrenie (hat zwei Willen) andererseits zu überqueren, sobald zusätzliche Probleme auftreten. Lachesis gerät dadurch in einen Zustand, in dem sie mit der Realität nicht mehr fertig wird. Das normale Gleichgewicht zwischen dem Bewussten und Unbewussten ist gestört; gefährliche, unkontrollierbare Elemente des Unbewussten, unerwartete Manifestationen brechen aus dieser Dunkelheit in das Bewusstsein ein und überwältigen das Ego. Die Folge ist Schizophrenie! Bei dieser echten Psychose können die unbewussten Elemente nicht vom Bewusstsein absorbiert werden. Wer auch immer von solchen Fantasien und Visionen heimgesucht wird, wird entweder von einer unvorstellbaren Angst gepackt, dass er verrückt wird, oder er hält sich für ein Genie. Ich habe beides erlebt. Aber auf welchen Weg der Patient auch gezwungen wurde, es isoliert ihn sofort von den anderen, die ihn nicht verstehen können. Bislang unbewusste Inhalte steigen in das Bewusstsein auf und stören die Alleinherrschaft des Ego. Hier kann der Homöopath glänzen. Solche Patienten brauchen Verständnis, Mitgefühl und die Gewissheit, dass sie ihre verrückten Ideen mit jemandem teilen können. Dies nimmt ihnen die Angst, wieder in den dunklen gähnenden Abgrund zu stürzen. Der Homöopath schließt nicht seine Bücher, wenn die Patientin sagt: „Ich sehe Geister“ oder „Ich führe Gespräche mit Gott“. Er sagt: „Beschreiben Sie diese Visionen und Gespräche.“ Solche Symptome zählen zu den eigentümlichsten Paragraph 153-Symptomen.
[1] Sowohl Hyoscyamus als auch Lachesis, zwei der eifersüchtigsten Charaktere, haben viele solche Wahnideen, die als versteckte Hinweise auf die CD dienen können. Eifersucht ist bei beiden Mitteln ein häufiger Grund für Wahnideen. Werden sie davon getrieben, kann jeder kleine Umstand, jede Geste und jedes Wort zu den größten Missverständnissen führen. Unter geeigneten Bedingungen fahren diese Charaktere „aus der Haut“ und erscheinen zeitweilig geisteskrank. Lachesis und Hyoscyamus schlussfolgern oft im ersten Moment des Ärgers, dass sie absichtlich verletzt oder beleidigt wurden (Wahnideen: er hat Unrecht erlitten; wird von seiner Umgebung verletzt). Natürlich besteht die Gefahr, dass Hyoscyamus und Lachesis die Grenze zwischen Neurose und Psychose überschreiten. Die homöopathische Geschichte enthält viele Fälle von Geisteskrankheit, die eines der beiden Mittel brauchten.
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Über den Autor: Dr. Luc De Schepper ist der Gründer und seit 1993 einziger Lehrer des Renaissance Instituts für klassische Homöopathie mit Schulen in Boston, MA, Secaucus, NJ, Las Vegas, NV und Longmont, CO. Er ist der Autor von 14 Büchern. Für weitere Informationen schreiben Sie an drluc@cybermesa.comor oder besuchen http://www.drluc.com/.